Eine Analyse von Seyed Alireza Mousavi
Der iranische Top-Diplomat im Jemen, Hassan Irloo, starb am Dienstag, da er sich Berichten zufolge mit dem Coronavirus infiziert hatte. Das teilte das iranische Staatsfernsehen mit. Die Meldung erfolgte nur wenige Tage, nachdem er abrupt von seiner Mission in dem von Krieg heimgesuchten Land zurückgerufen worden war.
Der iranische Spitzendiplomat Irloo wurde am Samstag im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Ansarullah-Bewegung (Huthi-Milizen) und Saudi-Arabien zur dringenden medizinischen Behandlung nach Iran ausgefolgen. Jemen ist seit dem Ausbruch des Konflikts durch die von Saudi-Arabien angeführte Koalition von der Außenwelt abgeschottet. Das Land wird zu Lande, zur See und in der Luft belagert, was in den vergangenen Jahren zu humanitären Katastrophen geführt hat.
Nachdem in der letzten Woche erstmals Berichte die Runde gemacht hatten, dass Iran seinen Botschafter nach Teheran zurückrufen wolle, behauptete The Wall Street Journal (WSJ) dass Huthi-Beamten Irloo "ausweisen" wollten, da der iranische Top-Diplomat für sie zu einer "Belastung" geworden sei. "Er ist ein politisches Problem", hieß es weiter im WSJ. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, versuchte zudem den Rückruf des iranischen Botschafters aus Jemen mit möglichen "Spannungen" zwischen Iran und den Huthis in Verbindung zu bringen.
Said Khatibsadeh, der Sprecher des iranischen Außenministeriums, warf den Saudis vor, mit ihrer Fahrlässigkeit den Tod des Botschafters Irloo verursacht zu haben. Khatibsadeh erklärte, Irloo sei in einem "schlechten Zustand" und aufgrund der Verzögerung einiger Staaten (wie Saudi-Arabien) bei der Zusammenarbeit mit der iranischen Regierung verspätet in das Land überführt worden. Irloo soll den Meldungen zufolge mit Vorerkrankungen an Corona gestorben sein, da er sich im Ersten Golfkrieg im Zuge des Giftgaseinsatzes gegen Iran Verletzungen an der Lunge zugezogen haben soll. Inzwischen sprach die Huthi-Führung in Sanaa ihr Beileid für den verstorbenen Irloo aus.
Iran hatte vor einem Jahr in einem umstrittenen diplomatischen Akt den Botschafter Irloo für den umkämpften Jemen berufen und ins Land "geschmuggelt". Der Schritt sorgte bei Saudi-Arabien und den westlichen Staaten für Verstimmung. Der Nachrichtensender al-Arabiya berichtete damals, dass der neue iranische Botschafter Irloo direkt dem religiösen Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, unterstehe und nicht vom iranischen Außenministerium beauftragt worden sei – was ihm die Möglichkeit biete, faktisch als "oberster Führer" im Jemen zu agieren.
Irloo als mutmaßliches Mitglied der iranischen Revolutionsgarden hat eine wichtige diplomatische und militärische Rolle im Jemen gespielt, denn er arbeitete zusammen mit der Huthi-Führungselite an politischen und militärischen Strategien. Den Berichten zufolge sollen sowohl der ermordete General Qassem Soleimani als auch Irloo auf der US-Terrorliste gestanden haben, mit deren Hilfe die USA die Führung der iranischen Quds-Brigade zu "beseitigen" suchten.
Der Westen und die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition beschuldigen die Revolutionsgarden seit langem, die Huthi-Kämpfer ausgebildet und Waffen nach Jemen geschmuggelt zu haben, während Milizen routinemäßig Raketen und Drohnen auf benachbarte Flughäfen und Ölanlagen Saudi-Arabiens abfeuern.
Obwohl Irloo offenbar an COVID-19 starb, wird sein Tod die Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien stark belasten. Es bleibt auch unklar, inwieweit Irloo ein Entscheidungsträger in Sanaa war. Die Huthi-Kämpfer haben in Jemen längst eine Offensive auf die strategisch wichtige Stadt Ma'rib gestartet und dabei bereits wichtige Gebiete erobert. Die Abwesenheit von Irloo könnte die Huthi-Offensive nun beeinträchtigen.
Ma'rib ist die letzte Hochburg der von der UNO anerkannten Regierung unter Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi im Norden. Sie ist von enormer strategischer Bedeutung, da hier die letzte verbliebene Straße auf Regierungsgebiet nach Saudi-Arabien verläuft. Wenn die Stadt fällt, ist die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition faktisch in ihrer Mission im umkämpften Jemen gescheitert.
Inzwischen haben die Saudis ihre Angriffe gegen die Ansarullah-Bewegung verstärkt. Die von Saudi-Arabien geführte Koalition, erklärte am Montag, sie habe Luftangriffe auf "Huthi-Ziele" auf dem internationalen Flughafen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa durchgeführt. Die Luftangriffe am Montag erfolgten etwas mehr als eine Stunde, nachdem die Koalition nach eigenen Angaben Zivilisten und Organisationen der Vereinten Nationen zur sofortigen Evakuierung aufgefordert hatte. Durch die Luftangriffe auf den Flughafen der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wird die humanitäre Hilfe für das bettelarme Bürgerkriegsland weiter erschwert. Bei der Bombardierung soll Schäden entstanden sein, die sich auf den Betrieb auswirkten.
Trotz eines unerbittlichen Luftwaffeneinsatzes und Kämpfen am Boden ist der Konflikt im Jemen weitgehend in eine Pattsituation geraten. Während die saudische Militärkoalition seitdem gezielt zivile Einrichtungen und die für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtige Infrastruktur bombardiert, leiden Millionen Menschen im Jemen aufgrund der von den Saudis verhängten Blockade gegen Jemeniten unter anderem an akutem Hunger.
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