Vor einer Woche waren sechs militante Palästinenser auf spektakuläre Weise aus einem israelischen Hochsicherheitsgefängnis ausgebrochen. Sie konnten offenbar mit einem Löffel einen Tunnel aus dem Gilboa-Gefängnis im Norden Israels an der Grenze zum Westjordanland graben und so fliehen. Die israelischen Sicherheitskräfte fassten inzwischen vier von ihnen. Die Fahndung nach den verbleibenden zwei Häftlingen wird intensiv fortgesetzt, wobei die israelische Armee sogar Drohnen einsetzt. Die vier Entflohenen leisteten bei ihrer Festnahme Berichten zufolge keinen Widerstand. Wohin sie gebracht wurden, ist bislang ebenso unbekannt wie ihre gesundheitliche Verfassung.
Seit dem Gefangenenausbruch hat Israel neue Beschränkungen für Gefangenen erlassen, und Aberhunderte palästinensischer Gefangener in andere Gefängnisse verlegt, um sicherzustellen, dass jeweils nur ein Gefangener des Islamischen Dschihad in Palästina pro Zelle inhaftiert wird. Um die beiden verbleibenden auf der Flucht befindlichen Palästinenser zu finden, nahm die israelische Armee am Montag auch Verwandte von diesen fest.
Der Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiegebiete Mohammed Schtajjeh forderte inzwischen das Internationale Rote Kreuz (IKRK) und die Vereinten Nationen (UN) auf, die Bedingungen palästinensischer Gefangener in israelischen Gefängnissen zu beobachten, nachdem die Regierung in Tel Aviv nach dem Ausbruch der sechs palästinischen Gefangenen aus einem israelischen Hochsicherheitsgefängnis repressive Maßnahmen gegen alle Gefangenen ergriffen hatte, berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.
Der Häftling Mohammed al-Arida sei nach seiner Festnahme durch die israelischen Behörden gefoltert und schwer geschlagen worden, teilte ein Anwalt der Palästinensischen Gesellschaft für Gefangene (PPS) mit. Al-Arida wird bei israelischen Medien als Drahtzieher hinter dem erfolgreichen Ausbruch dargestellt. Unter den Ausbrechern befand sich auch der frühere Anführer der militanten al-Aqsa-Brigaden der Fatah, Sakaria Subeidi, der kürzlich wieder gefasst wurde.
Fast 1.400 Palästinenser, die in israelischen Gefängnissen festgehalten werden, wollen aus Protest gegen ihre Haftbedingungen seit dem Gefängnisausbruch in einen Hungerstreik treten, teilte die Palästinensische Autonomiebehörde am Dienstag mit.
"Die Situation in den Gefängnissen ist sehr schlecht, deshalb treten sie in einen Hungerstreik", sagte Qadri Abu Bakr, Leiter der Kommission für Gefangene der Palästinensischen Autonomiebehörde, gegenüber AFP. Er sagte, dass 1.380 Gefangene – von mehr als 4.000 Palästinensern, die in israelischen Gefängnissen festgehalten werden – am Freitag mit der Streikaktion beginnen wollen.
Die Hamas teilte am Samstag in einer Erklärung mit, dass die erneute Festnahme von vier der Entflohenen aus dem Gilboa-Gefängnis "eine weitere Runde der Konfrontation mit Israel" sei. Palästinensische Fraktionen schworen dabei, alle Gespräche über einen Waffenstillstand mit Israel nach der Wiederfestnahme der Flüchtigen einzustellen.
Die Nachricht von der Festnahme der vier Flüchtigen löste umgehend wütende Demonstrationen im Westjordanland aus. Palästinenserorganisationen hatten zuvor die Flucht der Gefangenen als riesigen Erfolg und zugleich Demütigung Israels begrüßt. So feierten in der Westbank und in Gaza die Palästinenser letzte Woche den Ausbruch der sechs Palästinenser, indem die Menschen mit Autokorsos zur Unterstützung der sechs Flüchtigen hupend durch die Straße zogen. Unterdessen kam es letzten Freitag im gesamten Westjordanland zu Anschlägen und Ausschreitungen.
Nach Angaben der israelischen Polizei wurde am Freitagnachmittag ein israelischer Polizist bei einem versuchten Messerangriff in der Jerusalemer Altstadt leicht verletzt. Der Verdächtige, ein 50-jähriger palästinensischer Arzt und Einwohner Ostjerusalems, wurde von Beamten angeschossen und festgenommen, bevor er den Messerangriff ausführen konnte. Der palästinensische Mann erlag später seinen Wunden. Der Vorfall ereignete sich am Eingang des Rats-Tores (Bab al-Madschlis) zum Tempelberg.
Premierminister Naftali Bennett lobte bereits die israelischen Sicherheitskräfte für die "erfolgreiche Festnahme" von vier der Gefangenen am Wochenende und bezeichnete die Operation als "entschlossen und konsequent".
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