Die Waldbrände, die seit dem 28. Juli in der Türkei toben, sind noch nicht gelöscht. In sechs Provinzen waren 13 Brände nach offiziellen Angaben am Donnerstagabend bisher nicht unter Kontrolle. Die türkische Generalstaatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen gegen jene Akteure in den sozialen Medien eingeleitet, die unter dem Hashtag #HelpTurkey um internationale Hilfe bitten. Millionen von Twitter-Nutzern haben diese Woche #HelpTurkey gepostet, als sich beispiellose Flammen in den Mittelmeerprovinzen der Türkei ausbreiteten.
Die Chefstaatsanwaltschaft von Ankara teilte in einer Erklärung am Donnerstag mit, dass die "technische Untersuchung" ergeben habe, dass "einige Einzelpersonen und Gruppen versuchen, Angst und Panik in der Öffentlichkeit zu erzeugen und den Staat und die Regierung auf organisierte Weise zu beleidigen". In der Erklärung hieß es weiter, dass sich die Ermittlungen auf Internet-Beiträge mit "kriminellen Inhalten" konzentrieren würden, berichtet Al-Monitor.
Die Ankündigung erfolgte, nachdem die türkische Medienaufsichtsbehörde RTÜK am Dienstag die Nachrichtensender wegen ihrer Berichterstattung über die Katastrophe gewarnt hatte. In der Erklärung heißt es, der Sender müsse mit den "schwersten Sanktionen" rechnen, wenn sie sich auf anhaltende Brände konzentrierten und gleichzeitig erfolgreiche Brandbekämpfungsmaßnahmen ignorierten. Solche Bilder dienten nur jenen, die nach Chaos trachteten.
Die "sogenannte Hilfsaktion, die vom Ausland organisiert worden sei, sei mit ideologischen Motiven initiiert worden, mit dem Ziel, unseren Staat als hilflos darzustellen und unsere Staat-Nation-Einheit zu schwächen, sagte Erdoğans Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun in einer Erklärung am Montag.
Die Unterstützer der türkischen Regierung reagierten auf #HelpTurkey diese Woche mit den Hashtags #StrongTurkiye und #WeDontNeedHelp. Laut Recherche der WebTekno-Webseite wurden sowohl die #HelpTurkey- als auch die #StrongTurkiye-Hashtags selbst über automatisierte "Bot"-Twitter-Konten verbreitet, bevor sie bei einzelnen Benutzern an Bedeutung gewannen.
Özgur Unluhisarcikli, Direktor des German Marshall Fund in Ankara, erklärte diesbezüglich, die Regierung versuche, sowohl mit einer Naturkatastrophe als auch mit einem Dilemma des Wahrnehmungsmanagements fertig zu werden. Der Hashtag #HelpTurkey sollte ursprünglich wahrscheinlich eher das wahrgenommene Missmanagement der Regierung hervorheben als ein echter Aufruf zu internationaler Hilfe zu sein, fügte Unluhisarcikli hinzu.
Präsident Recep Tayyip Erdoğan machte am Mittwoch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die größte Oppositionspartei CHP, als Terrororganisation eingestuften Bewegung des Predigers Fethullah Gülen und die Medien-Kampagnen für die Waldbrände verantwortlich. Einige der Personen, die wegen des Verdachtes auf Brandstiftung festgenommen worden seien, hätten Beziehungen zur PKK, sagte Erdogan. Die Sicherheitskräfte hätten die PKK, die Angriffe auch gegen die Wälder plane, genau im Blick. Spekulationen über eine Rolle der PKK bei den Waldbränden in der Türkei werden seit den ersten Tagen der Brände in den sozialen Medien verbreitet. Der türkische Sender TRT redet inzwischen von Ökoterror, der durch die PKK durchgeführt wird.
"PKK-Terroristen entfachten an touristischen Orten Waldbrände, um dem Tourismus, der einen wesentlichen Beitrag zur türkischen Wirtschaft leistet, zu schaden und den Eindruck zu verfestigen, die Türkei sei kein sicheres Land."
Die radikale kurdische Initiative "Kinder des Feuers", die angeblich der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahesteht, hatte kürzlich die Verantwortung für die verheerenden Waldbrände im Süden der Türkei übernommen. Zuvor hatte ein bekannter regierungsnaher Journalist von einer "schmutzigen Allianz" von PKK und CHP gesprochen. Die CHP reagierte auf Erdoğans Anschuldigungen empört. Ihr stellvertretender Vorsitzender Seyit Tosun warf der Regierung Inkompetenz vor, berichtet die FAZ.
Das gewaltige Ausmaß der Brände zeigt allerdings, dass eine oppositionelle Gruppe nicht allein in der Lage sei, als Hauptverantwortliche für die Brandstiftungen in der Türkei zu gelten. Türkische Fachleute kritisierten in den letzten Tagen die starken Budgetkürzungen für Löschflugzeuge. Als Folge davon sei keines der alten Fluggeräte mehr für das Löschen der Flammen einsatzbereit. Neben der EU haben auch Russland, die Ukraine, Aserbaidschan und der Iran Flugzeuge in die Türkei geschickt. Russland schickte fünf Löschflugzeuge Berijew Be-200 und drei Helikopter zur Hilfe.
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