Erstmals seit dem Beginn des Abzugs der US-Truppen aus Afghanistan haben die Taliban eine Provinzhauptstadt angegriffen. Berichten zufolge sind die Taliban-Kämpfer dabei, die Hauptstadt der im Nordwesten des Landes gelegenen Provinz Badghis, Qala-i-Naw, einzunehmen.
Militante starteten am Mittwochmorgen eine Offensive auf die Stadt Qala-i-Naw, teilte das afghanische Verteidigungsministerium mit. Luftangriffe seien geflogen worden, um die Taliban zurückzudrängen. Außerdem seien afghanische nationale Verteidigungs- und Sicherheitskräfte eingesetzt worden, um die Ordnung in der Stadt wiederherzustellen, sagten afghanische Sicherheitsbeamte.
Die Taliban-Kämpfer sollen aus drei Richtungen in die Stadt eingedrungen sein, bevor sie "vorübergehend" das Polizeipräsidium, ein Büro der Nationalen Sicherheitsdirektion, eingenommen und Panik unter den Einheimischen ausgelöst hätten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sind unter Berufung auf den Vorsitzenden des Provinzrats von Badghis mehr als 200 Gefangene ausgebrochen. RT DE kann diese Nachricht derweil nicht bestätigen. Auf Twitter geteilte Videos sollen Taliban-Kämpfer zeigen, die auf Motorrädern durch Qala-i-Naw fahren.
Andere Videoaufnahmen, die in den sozialen Medien zirkulieren, sollen militante Kämpfer zeigen, die ins Zentralgefängnis von Badghis einbrechen, um Häftlingen bei der Flucht zu helfen.
"Die heftigen Gefechte in verschiedenen Teilen der Stadt gehen derzeit weiter", berichtete die Nachrichtenagentur AFP und fügte hinzu, dass sich einige Sicherheitsbeamte inzwischen den Taliban ergeben hätten.
"Der Feind ist in die Stadt eingedrungen, alle Bezirke sind gefallen. Die Kämpfe finden innerhalb der Stadt statt", schrieb der Gouverneur von Badghis, Hessamuddin Shams, laut Al Jazeera in einer SMS-Nachricht.
Der afghanische Verteidigungsminister Bismillah Mohammadi sagte in einer Erklärung, der Krieg befinde sich in einer "schwierigen" Phase und die Sicherheitskräfte verteidigten "Afghanistan und unsere Landsleute mit aller Macht und allen Ressourcen".
In Afghanistan weiten sich die Gefechte zwischen den Taliban und den Kräften der Regierung in Kabul weiter aus. Nun drohen große Städte sogar in die Hand der Taliban zu fallen. Die Taliban hatten in den letzten Tagen Bezirk für Bezirk die Gebiete im Norden des Landes überrannt, ohne dabei auf konkreten Widerstand der afghanischen Armee zu stoßen. Ein Taliban-Sprecher sagte der BBC kürzlich, dass die Eroberung der Hauptstadt "keine Taliban-Politik" sei. Er deutete jedoch an, dass sich dies ändern könnte, sollten ausländische Streitkräfte – einschließlich militärischer Auftragnehmer – nach Abschluss des Abzugs weiterhin in Afghanistan verbleiben.
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