Die Wirtschaftskrise im Libanon verschärft sich weiter. Der geschäftsführende Ministerpräsident Hassan Diab rief erneut die internationale Gemeinschaft eindringlich auf, das Land zu retten, meldet AP. Der Libanon sei nur "ein paar Tage von einer sozialen Explosion entfernt", sagte Diab bei einem Treffen mit Botschaftern in Beirut. Er forderte die ausländischen Geldgeber auf, finanzielle Hilfe freizugeben. Das Land gehe durch "einen sehr dunklen Tunnel", das Leiden der Menschen habe "das Niveau der Tragödie" erreicht. "Ich rufe die Welt auf, den Libanon zu retten", sagte Diab.
Nach der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut im August 2020 waren Diab und seine Regierung zurückgetreten. Sie sind nur noch geschäftsführend im Amt. Seitdem ist es den Parteien jedoch nicht gelungen, sich auf ein neues Kabinett zu einigen. Der EU-Außenbeauftragte kritisierte unlängst in Beirut die langwierige Regierungsbildung sowie die innenpolitische Pattsituation im Libanon und drohte mit Sanktionen.
Das krisengeschüttelte Land wird seit Herbst 2019 von einer Wirtschaftskrise erschüttert, die nach Einschätzung der Weltbank wahrscheinlich zu den schlimmsten Finanzkrisen der Welt seit Mitte des 19. Jahrhunderts zählt. Das libanesische Pfund hat auf dem Schwarzmarkt fast 95 Prozent seines Werts gegenüber dem Dollar verloren. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben mittlerweile in Armut.
Vor Kurzem drohte der Generalsekretär der Hisbollah Hassan Nasrallah angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise mit Ölimporten aus dem Iran. Er forderte die Behörden auf, ihre Angst vor den USA zu überwinden und eine "mutige Entscheidung" zu treffen. Die Sanktionen, die die USA Syrien und dem Iran auferlegt hatten, haben bislang verheerende Auswirkungen auf diverse Wirtschaftssektoren im Libanon, da sie das Land von seinen regionalen Handelspartnern abgetrennt haben.
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