Givara Budeiri, eine langjährige Al Jazeera-Korrespondentin, wurde verhaftet, als sie über einen friedlichen Protest in einem Brennpunktviertel von Ostjerusalem berichtete. Sie darf das Gebiet 15 Tage lang nicht betreten.
Die Verhaftung erfolgte am Samstag im Stadtteil Scheich Dscharrah im von Israel beanspruchten Teil der Stadt. Budeiri berichtete von einem friedlichen Protest anlässlich des Jahrestages der israelischen Übernahme der palästinensischen Gebiete und der Vertreibung der dort lebenden Araber, die während und nach dem Sechstagekrieg von 1967 stattfand.
Aufnahmen des Vorfalls, gefilmt von Al Jazeera-Kameramann Nabil Massawi, zeigen, wie die Reporterin von israelischen Offizieren umringt wird, die sie in die Nähe einer Mauer drängen und ihr Handschellen anlegen. Man kann Budeiri wiederholt "Nicht anfassen" schreien hören, während sie gefesselt wird.
Laut dem in Doha ansässigen Nachrichtensender gab es keinen ersichtlichen Grund für die Festnahme. Die israelische Polizei handelte mit übermäßiger Gewalt, während sie Budeiri in Gewahrsam nahm. Die Polizei sagte, sie habe eine Frau und einen Mann in Scheich Dscharrah festgenommen, nachdem sie sich geweigert hatten, sich auszuweisen und die Beamten angegriffen hatten. Budeiri sagte, sie sei beschuldigt worden, eine Soldatin getreten zu haben, was sie bestreitet.
Mostefa Souag, stellvertretender Generaldirektor des in Doha ansässigen Senders, sagte, die Verhaftung passe in ein Muster von Schikanen gegen ihre Journalisten durch die israelische Seite.
"Journalisten zum Schweigen zu bringen, indem man sie terrorisiert, ist für die israelischen Behörden zur Routine geworden, wie man in den letzten Wochen im Gazastreifen und im besetzten Jerusalem beobachten konnte. Diese Aktionen können nicht isoliert betrachtet werden", sagte er.
Berichten in israelischen Medien zufolge folgte die Verhaftung auf einen Konflikt zwischen der Journalistin und der Polizei über ihre Presseausweise. Budeiri, die seit 2000 für Al Jazeera arbeitet, ist bei der israelischen Regierungspressestelle (GPO) akkreditiert. Laut Haaretz hatte sie offenbar ihren Presseausweis nicht bei sich und versäumte es, ihn vorzuzeigen, als sie von der Polizei aufgefordert wurde. Al Jazeera besteht darauf, dass Budeiri die richtigen Papiere bei sich trug und die Polizei sie daran hinderte, diese vorzuzeigen. Die Journalistin trug eine Splitterschutzjacke mit der Aufschrift "Presse", als sie verhaftet wurde.
Scheich Dscharrah ist derzeit ein geschlossenes Stadtviertel, zu dem nur Anwohner und Pressevertreter Zutritt haben. Letzten Monat wurde es zu einem Brennpunkt für Massenproteste gegen die Zwangsräumung der palästinensischen Bewohner. Ein israelisches Gesetz von 1970 erlaubt es jüdischen Familien, Eigentumsrechte für Häuser in Ostjerusalem zu beanspruchen, die vor 1948 im Besitz von Juden waren. Kritiker sagen, dass das Gesetz dazu benutzt werde, Palästinenser aus Ostjerusalem zu vertreiben und eine de facto ethnische Säuberung zu vollziehen.
Die jüngsten Räumungen in Scheich Dscharrah waren einer der Auslöser für die elftägige Eskalation der Gewalt zwischen den Israelischen Verteidigungsstreitkräften (IDF) und militanten palästinensischen Gruppen, die den Gazastreifen kontrollieren. Inmitten der Feindseligkeiten bombardierte die IDF ein Hochhaus in Gaza, in dem sich die Büros mehrerer internationaler Nachrichtensender, darunter Al Jazeera und AP, befanden. Die Israelis rechtfertigten die Bombardierung damit, dass die Hamas ihren militärischen Geheimdienst in dem Gebäude stationiert habe.
Budeiri wurde mehrere Stunden nach ihrer Verhaftung aus israelischem Gewahrsam entlassen. Nach Angaben der Al-Jazeera-Journalistin Hoda Abdel-Hamid soll ihre Kollegin von der Polizei daran gehindert worden sein, ihre Schutzausrüstung abzulegen oder Augen zu schließen, um sich vermutlich von den Strapazen kurz zu erholen.
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