Am Mittwoch hatte der stellvertretende Außenminister Russlands Michail Bogdanow ein Telefonat mit Mousa Abu Marzuk geführt. Der hochrangige Vertreter der Hamas, die den Gazastreifen regiert, warnte dabei vor einer Verschlechterung der humanitären Lage in Ostjerusalem und berichtete über den Beschuss von Wohngebieten in Gaza-Stadt.
Das Außenministerium in Moskau gab später eine Erklärung ab, in der "die Bedeutung eines sofortigen Endes der Gewalt sowie die Unzulässigkeit von Angriffen auf Zivilisten unabhängig von ihrer Nationalität und Religion" hervorgehoben wurde. Die Diplomaten fügten hinzu, dass dies sowohl für "Angriffe auf zivile Ziele auf israelischem als auch auf palästinensischem Gebiet" gilt. Darüber hinaus fordert Moskau, dass Israel "den Status quo der heiligen Stätten Jerusalems" beibehalten und sofort alle Siedlungsaktivitäten in palästinensischen Gebieten einstellen müsse.
Auslöser der gegenwärtigen Eskalation war der Beschluss eines israelischen Bezirksgerichts, über 70 Palästinenser aus ihren Häusern im Jerusalemer Ortsteil Scheich Dscharah zu vertreiben. Die Juden, die darauf Anspruch erheben, sollen das Land vor 1948 besessen und bebaut haben. Infolgedessen kam es vor allem in Ostjerusalem zu massiven Protesten der Palästinenser. Israelische Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas und Blendgranaten gegen die Proteste vor. Als Reaktion darauf starteten bewaffnete Gruppen im Gazastreifen eine Flut von Raketenangriffen auf israelisches Territorium. Das israelische Militär konterte mit massiven Luftschlägen.
Russlands Außenminister Sergei Lawrow fordert vor dem Hintergrund der sich ausweitenden Feindseligkeiten zwischen Israelis und Palästinensern eine schnellstmögliche Einberufung eines Treffens des Nahost-Vermittlerquartetts auf Ebene der Außenminister.
Menschen mit russischer Herkunft gehören zu einer der größten Minderheitengruppen in Israel. Nach der weit verbreiteten Auswanderung sowohl aus der UdSSR als auch später aus ehemaligen Sowjetstaaten leben rund 900.000 russische Juden in Israel. Russland ist zusammen mit den USA eine der wenigen Staaten, die Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Moskau unterhält jedoch seine Botschaft in Tel Aviv und hat sich konsequent gegen israelische Siedlungen in Ostjerusalem ausgesprochen. Russland betrachtet Ostjerusalem als Hauptstadt des Staates Palästina.
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