Die Türkei will die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten auf einer Win-win-Basis verbessern, sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan, während er inmitten der angespannten Beziehungen zwischen den beiden NATO-Verbündeten versöhnliche Töne anschlug.
"Als Türkei glauben wir, dass unsere gemeinsamen Interessen mit den Vereinigten Staaten unsere Meinungsverschiedenheiten bei weitem überwiegen", sagte Erdoğan am Samstag in einem Fernsehinterview und fügte hinzu, dass Ankara die Zusammenarbeit durch "eine langfristige Perspektive auf Win-win-Basis" stärken wolle.
Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA waren in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht angespannt. Im Dezember 2020 verhängten die USA Sanktionen gegen die Türkei für den Kauf des russischen S-400-Verteidigungssystems. Die USA forderten mehrfach die Türkei auf, die S-400-Raketen außer Betrieb zu setzen. Der Erwerb des russischen Flugabwehrsystems S-400 im Juli 2019 verschlechterte die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei, die ohnehin schon durch einige Streitpunkte im Syrienkonflikt belastet waren.
Die Türkei erklärte kürzlich, sie wolle die Beziehungen unter US-Präsident Joe Biden verbessern, forderte Washington jedoch auf, seine Unterstützung für die kurdisch geführten Volksschutzeinheiten (YPG) in Syrien einzustellen. Bei einem Einsatz in Nordirak fand unlängst das türkische Militär die Leichen von 13 mutmaßlich von der PKK entführten Türken. Die Türkei warf diesbezüglich den USA vor, zu den Angriffen der PKK zu schweigen. Die PKK wird von der Türkei, der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation angesehen. Washington arbeitet seit langem mit den YPG unter dem Namen SDF (Syrian Democratic Forces) als lokalem Partner im Kampf gegen IS-Terroristen zusammen.
Die neue US-Regierung fährt einen neuen Kurs in ihrer Türkei-Politik und kritisiert die "Lage der Menschenrechte und Freiheiten in der Türkei". Sie forderte unlängst die Freilassung des inhaftierten Osman Kavala, der seit 2017 wegen seiner mutmaßlichen Rolle bei regierungskritischen Protesten in Untersuchungshaft sitzt. Die Biden-Regierung kritisierte zudem die "homophobe Rhetorik" der türkischen Regierung, als sie in den letzten Monaten gegen Studentendemonstranten vorging.
Der neue US-Präsident verfolgt eine sogenannte wertebasierte Außenpolitik – im Gegensatz zu Trump. Washington wird insofern den Druck gegenüber Ankara erhöhen. Während Trump den türkischen Präsidenten während eines Treffens in New York seinerzeit als "guten Freund" bezeichnete, sieht Joe Biden seinen türkischen Amtskollegen als Gegenspieler, wie er in einem im Januar 2020 veröffentlichten Interview mit der New York Times zu erkennen gab.
Mehr zum Thema - Türkei hält trotz US-Sanktionen an russischen S-400-Luftabwehrraketen fest