Taiwan: Sorgen über zunehmenden Einfluss Pekings nach Wahlsiegen von Oppositionspartei steigen

In Taiwan hat die Kuomintang Wahlen in 15 Orten gewonnen, in denen 80 Prozent der Bevölkerung der Insel leben. Da die Partei für ihre "Ein-China"-Politik bekannt ist, befürchtet die Regierung nun einen Anstieg des Einflusses Pekings auf der Insel.

In Taiwan wächst die Besorgnis über den potenziellen Einfluss Pekings in den 15 Städten und Landkreisen, die sich unter der Kontrolle der Kuomintang (KMT) befinden, nachdem die Oppositionspartei am vergangenen Wochenende bei den Bürgermeister- und Bezirksrichterwahlen große Erfolge erzielte.

Die wichtigste politische Plattform des Kuomintang basiert auf der Überzeugung, dass Taiwan und das chinesische Festland ein China bilden. Die gleiche Überzeugung vertritt auch Peking. Da die Kuomintang in ganz Taiwan neue Macht erlangt, befürchten einige, dass Peking mehr Austausch zwischen den Städten fördern oder politische Gemeinsamkeiten nutzen könnte, um die selbstverwaltete Insel zu infiltrieren.

Zu den 15 Städten und Landkreisen, die jetzt unter der Kontrolle der KMT stehen, gehören Kaohsiung, Taichung und Yunlin. Sie galten zuvor als traditionell von der die Unabhängigkeit anstrebenden Regierungspartei, der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP), dominiert. Die Einwohner dieser 15 Orte machen zusammen etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung der Insel aus.

Die neu gewählten Bürgermeister und Bezirksrichter sollen ihr Amt am 25. Dezember antreten.

Experten behaupten, dass Peking gute Möglichkeiten hätte, Einfluss auf die Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 zu nehmen, wenn es seinen Einfluss durch neue von der KMT gebildete Lokalregierungen weiter erhöhen könnte.

Dadurch könnte die Volkrepublik China die Abwahl der Präsidentin Tsai Ing-wen oder weitere Verluste für die DPP erreichen. Das sei für Peking besonders wichtig, da die Präsidentin und ihre Partei sich das Ziel gesetzt haben, ein unabhängiges und international anerkanntes Taiwan zu erreichen.

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Ein Beobachter der Denkfabrik Cross-Strait Policy Association sagte am Montag während eines Seminars in Taipeh:

Wir werden wahrscheinlich mehr Zusammenarbeit zwischen Peking und den von KMT geführten lokalen Regierungen sehen, um die Autorität und Wirksamkeit der DPP-Zentralregierung zu untergraben. [...] Peking könnte die Insel mit einem "Bottom-up"-Ansatz infiltrieren.

Politische Kommentatoren fordern die Tsai-Regierung auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, falls Peking mit KMT-Bürgermeistern und Kreisrichtern zusammenarbeiten sollte, um nicht an den Rand gedrängt zu werden.

Auch in der Hauptstadt der Insel, Taipeh, kann es zu Machtverschiebungen und einem stärkeren Einfluss Pekings auf die lokale Regierungsführung kommen, obwohl der KMT-Kandidat das Rennen gegen den amtierenden Bürgermeister mit nur wenigen tausend Stimmen verlor.

Die Stadtverwaltung von Taipeh bestätigte am Montag, dass in der Stadt wie geplant ein jährliches Forum zwischen Taipeh und Shanghai stattfinden wird.

Der wiedergewählte Bürgermeister von Taipeh, Ko Wen-je, hat seinen Shanghaier Amtskollegen Ying Yong, der auch stellvertretender Sekretär der Kommission der Kommunistischen Partei seiner Stadt ist, eingeladen, Taipeh im Dezember zu besuchen und als offizieller Gast am Forum teilzunehmen.

Ko ist ein unabhängiger Politiker ohne Parteizugehörigkeit. Bei den Wahlen 2014 genoss er zwar die Unterstützung der DPP, doch in den letzten Jahren konnte man beobachten, wie er Peking umwarb. Trotz starker Kritik und Widerstands seiner wichtigsten Helfer und Unterstützer besuchte er im Jahr 2015 Shanghai, um auf einem Forum zu sprechen. Als Reaktion auf die Kritik, die ihm in seiner Heimatstadt entgegengebracht wurde, sprach Ko von der "weit verbreiteten Politisierung des unpolitischen Austauschs". Im vergangenen Jahr besuchte er Shanghai erneut. Seit 2010 sind Shanghai und Taipeh abwechselnd Gastgeber des jährlich stattfindenden Forums zwischen den beiden Städten.