Der afghanische Präsident Aschraf Ghani ist laut Berichten zurückgetreten. Dafür gibt es jedoch noch keine offizielle Bestätigung. Sein Rückritt würde den Weg frei machen für eine neue Regierung, in der Experteneinschätzungen zufolge die radikalislamistische Taliban eine bestimmende Rolle spielen werden. Die militante Organisation, die von vielen Staaten als terroristisch eingestuft wird, hatte am Sonntag im Zuge einer plötzlichen Offensive auf Kabul innerhalb von Stunden die Eingänge der afghanischen Hauptstadt erreicht.
Der hochrangige Taliban-Vertreter Mullah Abdul Ghani Baradar soll republicworld.com zufolge eine Übergangsregierung leiten. Die USA hätten diesem Regierungswechsel zugestimmt. Baradar soll sich angeblich schon im Präsidentenpalast aufhalten. Aschraf Ghani habe das Land bereits verlassen.
Der Vormarsch der Taliban löste bei den Unterstützern der prowestlichen Regierung sowie den Helfern der ausländischen Truppen Panik hervor. Vor den Eingängen ausländischer Botschaften haben sich Schlangen gebildet, einige Afghanen erlitten psychologische Schocks.
Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte auf Twitter, dass er heute Morgen entschieden habe, das Botschaftspersonal zum militärischen Teil des Kabuler Flughafens zu verlegen. Für den Nachmittag ist eine Krisensitzung geplant, auf der über weitere Maßnahmen zur Ausreise des deutschen Personals sowie "weiterer gefährdeter Personen" beraten werden soll.
Die Szenen erinnern an die Übernahme Saigons durch die nordvietnamesische Armee im Jahr 1975. Im Internet kursieren Bilder, die zeigen sollen, wie die letzten US-Diplomaten aus der Botschaft in Kabul mit einem Hubschrauber evakuiert werden.
Der ehemalige US-Präsident George W. Bush hatte wenige Monate nach dem Einmarsch in Afghanistan im Dezember 2001 stolz verkündet, dass das "Taliban-Regime" in Afghanistan dank des US-Militärs sowie Washingtons Verbündeten dem Ende zugehe.
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