Eine Serie von Skandalen bei Japans Olympia-Machern überschattet die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele. Nur einen Tag vor der Zeremonie im Olympia-Stadion von Tokio entbanden die Organisatoren am Donnerstag Kentaro Kobayashi, den künstlerischen Leiter der Feier, von seinen Aufgaben. Anlass war das Auftauchen eines Videos von einem Auftritt des früheren Komikers aus dem Jahre 1998, bei dem er sich über den Holocaust lustig gemacht hatte. Laut japanischen Medienberichten soll Kobayashi in dem Sketch vorschlagen: "Lass uns Holocaust spielen!"
"Jede Verbindung dieser Person mit den Olympischen Spielen in Tokio würde das Andenken von sechs Millionen Juden beleidigen und die Paralympics grausam verspotten", kommentierte das der Rabbiner Abraham Cooper vom Simon Wiesenthal Center in Los Angeles, USA. Japans Organisationschefin Seiko Hashimoto entschuldigte sich für den jüngsten Skandal. Nur vier Tage zuvor war der Komponist für die Eröffnungsfeier, der Japaner Keigo Oyamada – auch im Westen unter dem Namen Cornelius bekannt – wegen Mobbings von behinderten Kindern während seiner eigenen Schulzeit zurückgetreten. Hashimoto bedauerte am Donnerstag, dass man zu lange gebraucht habe, um sich von Oyamada zu trennen.
Das gesamte aktuelle Programm der Eröffnung solle nun noch einmal genau überprüft werden, sagte der Geschäftsführer des Japanischen Olympischen Komitees Toshirō Mutō. Man werde jetzt schnell beraten, wie die Zeremonie abgehalten werden solle und "so bald wie möglich" zum Ergebnis kommen, so Hashimoto. Bereits im März war der damalige Kreativdirektor für die Sommerspiele in Tokio, Hiroshi Sasaki, wegen erniedrigender Äußerungen über eine bekannte japanische Entertainerin von seinem Amt zurückgetreten. Er hatte zugegeben, gegenüber Mitarbeitern die Idee vorgebracht zu haben, dass die korpulente Komikerin Naomi Watanabe bei der Eröffnungszeremonie der Spiele als Schwein verkleidet auftreten könnte. In einem rosafarbenen Kostüm erschiene sie dann als ein "Olym-Pig", witzelte der Japaner.
Vor ihm war bereits der damalige Olympia-Organisationschef Yoshirō Mori ebenfalls wegen sexistischer Kommentare zurückgetreten. Seine Nachfolgerin Hashimoto übernahm am Donnerstag die Verantwortung für die jüngsten Skandale, will jedoch nicht zurücktreten. Es sei ihre Aufgabe, die Spiele zu einem "großen Erfolg" zu machen. Dafür werde sie sich bis zum Schluss einsetzen. Unterdessen haben mehrere führende japanische Wirtschaftsvertreter, darunter der Chef des Automobilriesen und Top-Olympia-Sponsors Toyota bereits mitgeteilt, an der Eröffnungsfeier für die Olympischen Spiele nicht teilzunehmen.
Der japanische Fernsehsender NHK berichtete am Donnerstag, auch der frühere Ministerpräsident Shinzō Abe wolle ihr fernbleiben. Abe hatte maßgeblich dafür gesorgt, dass Tokio 2013 trotz der verschärften Probleme in der Atomruine Fukushima die Spiele zugesprochen bekam, indem er dem IOC versicherte, dass dort "alles unter Kontrolle" sei.
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