Russland warnt die USA nochmals eindringlich davor, US-Truppen nach dem Rückzug aus Afghanistan in ehemals sowjetischen zentralasiatischen Ländern zu stationieren. Russlands stellvertretender Außenminister Sergei Rjabkow sagte, Moskau habe im Vorfeld des Abzugs von US-Truppen diese Botschaft beim Gipfeltreffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem US-Präsidenten Joe Biden in Genf im vergangenen Monat nach Washington übermittelt, berichtet auch Stars and Stripes.
Die neuerliche Warnung kommt, nachdem die US-Regierung jetzt bekannt gab, das US-Militär habe bislang den Abzug von US-Truppen und Ausrüstung aus Afghanistan zu 90 Prozent abgeschlossen. Biden teilte vor Kurzem auch mit, die US-Militärmission in Afghanistan werde bereits am 31. August enden.
"Ich möchte betonen, dass eine Verlegung der US-amerikanischen Militärpräsenz in die Nachbarländer Afghanistans inakzeptabel ist", erinnerte Rjabkow:
"Wir haben den US-Amerikanern direkt gesagt, dass dieser mögliche Schritt nicht nur unsere Wahrnehmung über Ereignisse in dieser wichtigen Region, sondern auch unsere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten verändern würde."
Er fügte hinzu, dass Russland die Warnung gleichermaßen an die zentralasiatischen Nationen gesandt habe: "Wir haben sie vor solchen Schritten gewarnt, und wir haben auch ein offenes Gespräch zu diesem Thema mit unseren zentralasiatischen Verbündeten, Nachbarn und Freunden wie auch mit anderen Ländern in der Region geführt, die direkt betroffen wären."
Am Montag betonte der russische Außenminister Sergei Lawrow, dass Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan alle Mitglieder der "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) sind und jede Präsenz ausländischer Truppen auf ihren Territorien durch die Beteiligten des Sicherheitspakts gebilligt werden müsse. "Ich glaube nicht, dass das Aufkommen neuer US-amerikanischer Militäreinrichtungen in Zentralasien die Sicherheit in der Region fördern würde", sagte Lawrow.
Tadschikistan und Kirgisistan beherbergen beide russische Militärstützpunkte. In Kirgisistan war seinerzeit eine US-Militärbasis stationiert, die mittlerweile 2014 geschlossen wurde. Usbekistan, das ebenfalls eine US-Basis beherbergte, ordnete 2005 infolge von Spannungen mit Washington, D.C. deren Schließung an. Das usbekische Verteidigungsministerium bekräftigte im Mai dieses Jahres, dass die Verfassung des Landes und dessen Militärdoktrin die Anwesenheit ausländischer Truppen auf dem Territorium ausschließen.
Berichten zufolge hat die Biden-Regierung Usbekistan und Tadschikistan, die an Afghanistan grenzen, sowie Kasachstan als mögliche Schauplätze für die Überwachung und schnelle Reaktion auf mögliche Sicherheitsprobleme in Afghanistan in Betracht gezogen, die auf den Rückzug des US-Militärs aus Afghanistan folgen könnten.
Die US-Beamten, die im Mai mit dem Wall Street Journal sprachen, teilten bereits mit, dass die USA im Zuge des US-Truppen-Abzugs aus Afghanistan erwägen würden, Truppen und Ausrüstungen aus Afghanistan nach Usbekistan oder Tadschikistan zu verlegen. Mit den Vorbereitungen für den Rückzug brauche die US-Militärführung Stützpunkte für Truppen, Drohnen, Bomber und Artillerie, um "die afghanische Regierung zu stützen" und den "Aufstand der Taliban in Schach zu halten" sowie andere Extremisten zu überwachen, meldete das Wall Street Journal unter Berufung auf Militärs der USA.
Russische Sicherheitsbeamte haben ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass rasche Gebietsgewinne der Taliban ganz Zentralasien destabilisieren könnten. Russlands Militärstützpunkt in Tadschikistan sei voll ausgerüstet, um den zentralasiatischen Staat bei der Bewältigung der Situation an seiner Grenze zu Afghanistan zu unterstützen, sagte vor Kurzem der stellvertretende Außenminister Andrei Rudenko in seiner Antwort auf eine Frage der Nachrichtenagentur TASS.
Der Sondergesandte des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Afghanistan hat am Mittwoch die Taliban gewarnt, dass jeder Versuch, die Sicherheit in der Region zu untergraben, schwerwiegende Folgen für die afghanischen militanten Gruppen haben würde. Samir Kabulow sagte Sputnik, Moskau beobachte "die Situation genau", während die Taliban Gebiete in Afghanistan überrannten, die an fünf Länder grenzen – Iran, Tadschikistan, Turkmenistan, China und Pakistan.
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