Krise in Kirgisistan: Behörden melden Staatschef und Premierminister als vermisst

Seit Beginn der Protestaktionen in Kirgisistan bleibt der Aufenthaltsort des Präsidenten Sooronbai Dscheenbekow und des bereits abgedankten Premiers Kubatbek Boronow unbekannt. Dies meldete der stellvertretende Chef des kirgisischen Sicherheitsrates Omurbek Suwanalijew.

Aus Sicherheitsgründen sei im Zusammenhang mit deren Verschwinden außerdem die Entscheidung getroffen worden, die Staatsgrenze zu schließen, ergänzte Suwanalijew im Interview mit der Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag. Ihm zufolge wurden in den vergangenen Tagen mehrere Ansprachen des Präsidenten Dscheenbekow im Internet veröffentlicht. Man verfüge jedoch über keine Angaben zu dem Ort, wo sie aufgenommen worden waren.

Suwanalijew erklärte zudem, dass sich auch weitere Staatsbedienstete nach dem Ausbruch der Proteste infolge der umstrittenen Parlamentswahl in Kirgisistan von ihren Ämtern zurückgezogen hätten und sich zurzeit an "konspirativen Orten" aufhielten. So soll der bereits durch den oppositionellen Politiker Sadyr Schaparow offiziell abgelöste Ministerpräsident Boronow behauptet haben, dass er kein Rücktrittsgesuch eingereicht habe und seine Pflichten weiterhin aus einem Homeoffice ausübe.

Der Vertreter des Sicherheitsrates fügte hinzu, dass die politische Situation im Land weiterhin angespannt bleibe. Es würden alle Maßnahmen getroffen, um weitere Zusammenstöße zu verhindern. Suwanalijew rief die Konfliktparteien dazu auf, Verhandlungen aufzunehmen, damit die Lage nicht noch weiter destabilisiert wird.

Auch der kirgisische Interimsinnenminister Kursan Assanow bestätigte gegenüber lokalen Medien die Information über das Verschwinden von Präsident Sooronbai Dscheenbekow. Hingegen gab die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf die Pressesprecherin des Präsidenten die Hauptstadt Bischkek als seinen Aufenthaltsort an. Das Staatsoberhaupt nehme demnach an Verhandlungen mit allen politischen Kräften teil, um die Lage im Land "wieder in den rechtlichen Rahmen zurückzusteuern".  

Am Mittwoch hatte sich Präsident Dscheenbekow auf Facebook mit einer Ansprache an das kirgisische Volk und Vertreter aller politischen Lager des Landes gewandt. Er sprach von der "schwersten Zeit" in der Geschichte der Ex-Sowjetrepublik, weigerte sich jedoch aus Sorge vor einem bewaffneten Konflikt, den Ausnahmezustand zu verhängen. Der Staatschef habe außerdem den Sicherheitskräften verboten, gegenüber den Protestierenden Gewalt anzuwenden. Dscheenbekow ermahnte alle am Konflikt beteiligten Parteien, die Interessen des Staates vor die eigenen zu stellen, um die Wiederherstellung des Friedens und der öffentlichen Ordnung in Kirgisistan zu ermöglichen.

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