Chile: Zwei Polizeiwagen quetschen Protestler ein – Polizei stuft Vorfall als Verkehrsunfall ein

Verstörende Videos aus Chile: Bei einer Demo in der Hauptstadt Santiago wurde am Freitag ein Protestler zwischen zwei Polizeiwagen eingequetscht. Der Vorfall ereignete sich auf dem Baquedano-Platz, als die Polizei gegen den nicht genehmigten Aufmarsch durchgriff.

Die brutale Szene, als ein Polizeiwagen den 20-jährigen Óscar Pérez anfuhr und gegen einen anderen Polizeiwagen quetschte, wurde unter anderem vom TV-Sender Mega live übertragen. Der junge Mann wurde mit einer vierfachen Beckenfraktur ins Krankenhaus eingeliefert. Trotz der schweren Verletzung ist sein Leben außer Gefahr.

Die Behörden von Santiago hatten die Kundgebung auf dem Baquedano-Platz nicht genehmigt und angekündigt, dass 1.000 Sicherheitskräfte den Ort sicherstellen würden, um die geplante Protestdemo zu verhindern. Am Freitag ging die Polizei dann mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Protestler vor.

Die Polizei nannte den Vorfall auf dem Baquedano-Platz einen "Verkehrsunfall". Der Gefreite Mauricio Carrillo Castillo, der den Protestler angefahren hatte, sagte aus, er habe weder das Opfer noch den anderen Polizeiwagen gesehen. Es wurde eine Ermittlung eingeleitet. Der für den westlichen Stadtteil zuständige General Enrique Monrás wies seinerseits darauf hin, dass sich der Vorfall ereignet hatte, als ungefähr 1.500 Menschen die öffentliche Ordnung "schwer" verletzt hätten, indem sie Steine, Molotowcocktails und mit Farbe befüllte Flaschen auf die Polizeikräfte geworfen hätten.

Das südamerikanische Büro des Hohen UN-Kommissars für Menschenrechte zeigte sich wegen des Vorfalls vom Freitag besorgt und rief die chilenischen Behörden auf, den Bürgern das Recht auf friedliche Versammlungen ohne Einschränkungen, Vorbehalte und Risiken für ihre Gesundheit zu garantieren. Außerdem forderte die Organisation die Landesführung auf, Fälle der Gewalt und Verstöße gegen die Menschenrechte komplett, unabhängig und unparteiisch zu untersuchen. Die Schuldigen sollten zur Rechenschaft gezogen werden.

In der Zeitspanne vom 17. Oktober bis zum 20. Dezember 2019 hatte das Nationale Institut für Menschenrechte Chiles (INDH) 3.557 Verletzte bei den Protesten in dem südamerikanischen Land registriert. In 2.040 Fällen handelte es sich um Schussverletzungen. 359 Menschen wurden am Augapfel verletzt, 23 von ihnen verloren mindestens ein Auge. Die Organisation reichte im Zusammenhang mit den Antiregierungsprotesten 833 Gerichtsbeschwerden gegen die Polizei ein, darunter wegen Tötung, Verletzungen, Folter und sexueller Gewalt.

Die Kundgebungen hatten Mitte Oktober als Studentenprotest gegen die Anhebung der U-Bahn-Fahrpreise begonnen. Sie weiteten sich aber rasch aus. Weiter forderten die Protestler einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung und Bildung sowie eine Abkehr vom neoliberalen Wirtschaftssystem.

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