Boliviens Präsident zieht Zwischenbilanz und sieht Destabilisierungsversuche im Streit um Zensus

Der bolivianische Präsident Luis Arce ist schon seit zwei Jahren im Amt. Vor dem Hintergrund eines sich ausweitenden Streits um eine verschobene Volkszählung zieht er eine Zwischenbilanz seiner Regierung. Zugleich wirft er der Opposition Destabilisierungsversuche vor.

Am Dienstag hat der bolivianische Präsident und Regierungschef Luis Arce nach zwei Jahren im Amt eine Zwischenbilanz gezogen. In seiner mehr als zweistündigen Rede vor dem Parlament hob der Politiker hervor, es habe seine Regierung viel Mühe gekostet, das Land auf den Weg der Stabilität zurückzubringen. Diese müsse nun beibehalten werden. Mit Blick auf den sich ausweitenden Streik gegen die Verschiebung einer ursprünglich für diesen November anberaumten Volkszählung auf das Jahr 2024 sagte Arce:

"Heute durchlaufen wir einen Augenblick, in dem gewisse Gruppen uns wieder destabilisieren wollen. Aber ich bin mir sicher, dass die Organisation, der Einsatz und das Bewusstsein eines Volkes, das vorankommt, das arbeiten und weiterhin wachsen will, all diese Widrigkeiten besiegen werden."

Vor dem Hintergrund der heftigen Proteste in der Provinz Santa Cruz verwies der Präsident darauf, dass Bolivien mit 1,76 Prozent derzeit die niedrigste Inflationsrate in der Region und eine der niedrigsten weltweit aufweise. Gleichzeitig sei die Wirtschaft auf nachhaltigem Wachstumskurs und die Handelsbilanz positiv. Im Jahr 2021 habe das Wirtschaftswachstum des Anden-Landes 6,1 Prozent, davon allein im zweiten Trimester des Jahres 4,1 Prozent betragen.

Arce zog daraus den Schluss, dass die "negativen Auswirkungen der rezessiven Politik" der Übergangsregierung von Jeanine Áñez an der Spitze allmählich nachließen. Ohne direkt auf den Streit um das Austragungsdatum für den Zensus hinzuweisen, erklärte der Politiker, dass es sich bei den jetzigen Hintermännern der Proteste größtenteils um dieselben Gruppen handele, die den Staatsstreich gegen Präsident Evo Morales im Jahr 2019 unterstützt hätten.

Der jetzige politische Protest in Bolivien dreht sich im Kern um eine ursprünglich für November 2022 angesetzte Volkszählung, die die Regierung in La Paz wegen technischer Probleme bei der Durchführung auf das Jahr 2024 verschoben hat. Die Führung der Region Santa Cruz um Luis Fernando Camacho fordert hingegen die Umsetzung des Zensus noch im Jahr 2023. Bei dem Konflikt geht es unter anderem um neue Quoten für die nach der Bevölkerungsanzahl der Regionen verteilten Parlamentssitze. Santa Cruz als wirtschaftsstärkste und bevölkerungsreichste Region erwartet, aufgrund der Volkszählung mehr Abgeordnete als bisher im Nationalparlament stellen zu können. Sollte der Zensus erst im Jahr 2024 durchgeführt werden, wäre dies bei den nächsten Wahlen im Jahr 2025 noch nicht der Fall.

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