Der ecuadorianische Präsident Guillermo Lasso bleibt weiterhin im Amt. Vor dem Hintergrund der andauernden Massenproteste hat das Parlament in Quito am Dienstag keine erforderliche Zweidrittelmehrheit der Stimmen erreicht, um den Staats- und Regierungschef abzusetzen. Nach einer umfassenden Diskussion, die am Samstag begonnen hatte, stimmte die Nationalversammlung in der Nacht zum Mittwoch über die Angelegenheit ab. Nach drei Abstimmungen verfehlten die Initiatoren zwölf Stimmen: Bei neun Enthaltungen gab es 80 Stimmen dafür und 48 dagegen.
Das Amtsenthebungsverfahren gegen Lasso hatte die Fraktion Vereinigung für die Hoffnung (UNES) vor dem Hintergrund des am 13. Juni von indigenen Gruppen ausgerufenen Nationalstreikes initiiert. Die Abgeordneten begründeten ihren Antrag mit Artikel 130 der Verfassung des Andenlandes, wonach der Präsident in zwei Fällen seines Amts enthoben werden kann:
- beim Überschreiten seiner verfassungsrechtlichen Befugnisse, wenn ein entsprechendes Gutachten des Verfassungsgerichts vorliegt,
- wegen einer schweren politischen Krise und Unruhen im Land.
Der Antrag fußte dabei auf Punkt 2 des Artikels, da Präsident Lasso in zwei bereits aufgehobenen Dekreten in mehreren Provinzen des südamerikanischen Landes den Ausnahmezustand ausgerufen und somit schwere Unruhen zugegeben hatte.
Lasso begrüßte die Entscheidung des Parlaments. In seinen sozialen Netzwerken erklärte er, dass die Demokratie und die institutionelle Ordnung in Ecuador verteidigt worden seien.
"Es ist offensichtlich, wer für die politische Mafia arbeitet. Inzwischen arbeiten wir weiter für Ecuador."
Zuvor waren am 16. Tag des Nationalstreikes wichtige Fortschritte bei Gesprächen zwischen indigenen Gruppen und Regierungsvertretern erwartet worden. Aber die Hoffnung bewahrheitete sich nicht. Zwar akzeptierte die Regierung die Forderung der Indigenen, ein im vergangenen Jahr von Lasso verabschiedetes Dekret rückgängig zu machen, das die Entwicklung des Kohlenwasserstoffsektors im südamerikanischen Land vorsah. Trotzdem konnten die Seiten bislang keine Einigung in Bezug auf die Deckelung der gestiegenen Spritpreise erzielen.
Nachdem man vereinbart hatte, die Verhandlungen fortzusetzen, erschienen die Regierungsvertreter bei der nächsten Gesprächsrunde nicht. Sie begründeten dies mit einem gewaltsamen Zwischenfall in der Provinz Sucumbíos im Amazonas-Gebiet, bei dem ein Sergeant ums Leben gekommen war und weitere zwölf Armeeangehörige und Polizeibeamte verletzt worden waren. Nach Angaben der Regierung sei der Konvoi, der mehrere Tankwagen begleitet habe, von 100 Randalierern überfallen worden. Der Verband der indigenen Völker von Ecuador (CONAIE) wies diese Darstellung zurück. Demnach seien die Teilnehmer des Konvois mit Tränengas und Gummikugeln gegen eine friedliche Protestaktion in der Zone vorgegangen. Die Gegenwehr der Demonstranten habe zu einer Konfrontation geführt.
Bislang wurde von insgesamt fünf Toten, 313 Verletzten und 147 Festnahmen bei den Protesten berichtet, die am 13. Juni begonnen hatten.
Mit dem Streik wollen die Ureinwohner die konservative Regierung unter Lasso dazu bringen, zehn Forderungen nachzukommen. Unter anderem verlangen sie, die Treibstoffpreise einzufrieren, den Schuldendienst für mehr als vier Millionen Familien zu stunden, faire Preise für landwirtschaftliche Produkte festzulegen und das Selbstbestimmungsrecht der indigenen Völker zu achten.
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