Bandenkrieg: Fast 80 Tote bei Gefängnisrevolten in Ecuador

In mehreren Haftanstalten Ecuadors brachen am Dienstag gleichzeitig Krawalle aus. Auslöser der Auseinandersetzungen war offenbar ein interner Machtkampf einer kriminellen Gang. Bei den blutigen Kämpfen wurden mindestens 79 Häftlinge getötet.

Laut der Regierung Ecuadors wurden insgesamt vier Strafanstalten in den Großstädten Guayaquil, Cuenca und Latacunga von den Krawallen betroffen. Die Auseinandersetzungen seien offenbar durch einen internen Machtkampf innerhalb der Bande Los Choneros ausgelöst worden. Ihr oberster Anführer José Luis Zambrano alias "Rasquiña" wurde im Dezember getötet. Als mächtigste kriminelle Organisation Ecuadors ist Los Choneros in Drogenhandel, Schutzgelderpressung sowie Auftragsmorde verwickelt und soll mit mexikanischen und kolumbianischen Verbrechersyndikaten zusammenarbeiten. Dem Leiter der nationalen Gefängnisbehörde SNAI zufolge, Edmundo Moncayo, hat man bereits im Dezember eine sofortige Reaktion auf Zambranos Ermordung erwartet, die aber am Ende bis gestern auf sich warten ließ.

Nach Angaben der Gefängnisverwaltung hatte ein Justizvollzugsbeamter zuletzt Schusswaffen in das Gefängnis von Guayaquil geschmuggelt. Die Waffen sollten offenbar für Anschläge auf Mitglieder rivalisierender Gruppen innerhalb der Gang dienen. Als die Bandenmitglieder davon erfuhren, brachen die Kämpfe aus.

Schwerbewaffnete Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos stürmten am Dienstag das Gefängnis von Guayaquil. Sie brachen verrammelte Türen auf und feuerten Tränengaskartuschen in die Zellentrakte, wie in einem von der Zeitung El Comercio veröffentlichten Einsatzvideo zu sehen war. Die Häftlinge eröffneten das Feuer auf die Beamten und legten Brände. Im Auftrag des Präsidenten Lenín Moreno wurde das ecuadorianische Militär zu den Orten des Geschehens beordert, um die Meutereien zu unterdrücken.

Nachdem Sicherheitskräfte die Haftanstalten wieder unter Kontrolle gebracht hatten, durchsuchten die Ermittler die Zellen. Dabei wurden in Guayaquil Schusswaffen, Macheten, Messer und Mobiltelefone sichergestellt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

In Lateinamerika kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Gefängnissen. Viele Strafanstalten werden von Gangs kontrolliert. Oftmals sorgen die Sicherheitskräfte lediglich dafür, dass die Gefangenen in den Haftanstalten bleiben. Innerhalb der Mauern sind sich die Häftlinge weitgehend selbst überlassen. Zahlreiche inhaftierte Gangbosse steuern die Geschäfte ihrer kriminellen Organisationen aus dem Gefängnis heraus.

Die Lage in ecuadorianischen Gefängnissen erschwert sich noch zusätzlich durch den akuten Personalmangel. Den rund 38.000 Häftlingen stehen gerade einmal 1.400 Gefängniswärter und rund 1.000 an die Gefängnisverwaltung "ausgeliehene" Polizisten gegenüber, wie der Sicherheitsexperte Ricardo Camacho gegenüber der Zeitung La Hora erklärte. Der Leiter der Gefängnisverwaltung, General Moncayo, bestätigte, dass nur rund 30 Prozent der notwendigen Stellen besetzt seien.

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(rt/dpa)