Ecuador: Verfassungsgericht kippt Corona-Lockdown – kein "öffentlicher Katastrophenfall"

Am 21. Dezember verkündete Ecuadors Präsident Lenín Moreno den kompletten Lockdown. Das ecuadorianische Verfassungsgericht erklärte diesen für verfassungswidrig: Die Maßnahmen seien "unverhältnismäßig", die aktuelle Lage sei kein "öffentlicher Katastrophenfall".

Das Verfassungsgericht von Ecuador hat den von Präsident Lenín Moreno am 21. Dezember 2020 verhängten Ausnahmezustand für verfassungswidrig erklärt. Die Richter fällten ihr Urteil schon am 27. Dezember – die Begründung dafür wurden jedoch erst einige Tage später veröffentlicht.

Die ecuadorianische Regierung hatte im Dezember als Grund für Ausgangssperren und einen nahezu vollständigen Lockdown des öffentlichen Lebens die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage sowie die erstmals in Großbritannien nachgewiesene Mutation des Coronavirus angeführt und am 21. Dezember den Ausnahmezustand erklärt. Den Bürgern war es danach nur in extremen Ausnahmefällen erlaubt, ihre Wohnungen zu verlassen. Der öffentliche Verkehr kam nahezu zum Erliegen.

Sieben der neun Richter sehen es nach Angaben des Lateinamerika-Portals Amerika21 nun als erwiesen an, dass diese Maßnahmen nicht mit der ecuadorianischen Verfassung in Einklang stehen. Das Gericht kritisierte insbesondere die fehlende räumliche und zeitliche Abgrenzung wie auch die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Darüber hinaus vertraten die Richter die Ansicht, dass die Regierung mit den ihr zur Verfügung stehenden präventiven Maßnahmen ausreichend auf die Pandemie reagieren könne.

Der Gerichtshof unterstrich in seinem Urteil zwar die Schwere der COVID-19-Pandemie und deren Auswirkungen auf die in der Verfassung geschützte Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dennoch sei die aktuelle Situation nicht als ein öffentlicher Katastrophenfall einzuschätzen, der die Maßnahmen gerechtfertigt hätte, da es an der Unvorhersehbarkeit und Unzeitigkeit fehle.

Ecuador hat aktuell 219.148 positive Corona-Befunde und 14.165 im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 gelistete Todesfälle (Zahlen von der Johns Hopkins University, Stand: 9. Januar 2021). Im Dezember 2020 hat die Nationale Behörde für Gesundheitsregulierung, -kontrolle und -überwachung den vom deutschen Unternehmen BioNTech und seinem US-Partner Pfizer entwickelten Impfstoff zugelassen. Man habe bereits die Zusage für zwei Millionen Impfdosen erhalten, teilte Präsident Moreno am 31. Dezember auf Twitter mit.

In einem ersten Schritt sollen in einer sogenannten "Phase 0" Ärzte und Krankenhauspersonal, die hauptsächlich Corona-Infizierte behandeln, sowie Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen geimpft werden. Die ersten 50.000 Dosen des Impfstoffes sollen am 18. Januar im Land eintreffen. Darüber hinaus suche man nach Aussage von Gesundheitsminister Juan Carlos Zevallos mehrere Tausend Freiwillige für eine klinische Studie mit einem neuen chinesischen Impfstoff.

Mehr zum ThemaPortugiesisches Gericht hebt Quarantäne auf: PCR-Tests ersetzen keine medizinische Diagnose