Bolivien: "Terrorismus"-Anklage gegen Ex-Präsident Evo Morales fallengelassen

Ein bolivianisches Regionalgericht hat die Terrorismus-Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten Evo Morales eingestellt und den gegen ihn erlassenen Haftbefehl zurückgezogen. Die Rechte von Evo Morales seien verletzt und Verfahrensfehler begangen worden, hieß es.

Die Rechte des Ex-Präsidenten, einschließlich seines Rechtes auf gerichtlichen Schutz, seien verletzt worden, erklärte Richter Jorge Quino, Leiter des Justizministeriums in La Paz, als er die Entscheidung des Gerichts verkündete. Das Gericht gab somit einem von den Anwälten des Angeklagten eingereichten Antrag statt.

Quino präzisierte, in diesem Fall sei gegen Verfahrensrecht verstoßen worden, indem man Morales nicht ordnungsgemäß vorgeladen hatte. Die Anklage wurde fallengelassen, da die Staatsanwälte das gesetzlich festgelegte Verfahren nicht eingehalten hatten, sagte Quino gegenüber dem bolivianischen Fernsehsender Unitel. Das Urteil bedeutet jedoch nicht, dass der ehemalige Präsident Boliviens, der nach seinem Sturz im vergangenen Jahr wegen Aufruhr und Terrorismus angeklagt wurde und derzeit im Exil lebt, jetzt bereits sicher in seine Heimat zurückkehren kann. Die Entscheidung muss in letzter Instanz noch vom Tribunal Constitucional Plurinacional, dem Verfassungskontrollorgan des Landes, gebilligt werden. Dort könnte die Entscheidung noch gekippt werden.

Der Haftbefehl gegen Morales war im Dezember 2019 vom bolivianischen Generalstaatsanwalt unter der nach einem Staatsstreich gebildeten sogenannten provisorischen Regierung erlassen worden. Die Übergangsregierung, angeführt von der rechten Senatorin Jeanine Áñez, hatte argumentiert, dass die Verlautbarungen und Proteste von Morales Aufrufe zu "Aufruhr und Terrorismus" darstellten. Áñez versicherte, den Ex-Präsidenten "für den Rest seines Lebens" ins Gefängnis bringen zu wollen.

Morales, der Bolivien 14 Jahre lang regiert hatte, trat am 10. November 2019 unter dem Druck des Militärs von seiner Präsidentschaft zurück und musste sich verstecken. Anfang November war er nach einer Nichtanerkennung seines Wahlsieges durch die Opposition des Wahlbetrugs beschuldigt worden.

Nach seinem Rücktritt reiste Morales zunächst nach Mexiko und kam schließlich nach Argentinien, wo Präsident Alberto Fernández ihm politisches Asyl gewährte.

Trotz der Abwesenheit von Morales als ihrer Führungsfigur sicherte sich die Partei der Bewegung zum Sozialismus (MAS) bei den jüngsten Parlamentswahlen am 18. Oktober 2020 in beiden Kammern des bolivianischen Parlaments die Mehrheit. Der frühere Minister und Vertraute von Morales, der Sozialist Luis Arce gewann die Abstimmung und sicherte sich einen überragenden Sieg gegen seinen konservativen Rivalen Carlos Mesa.

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