Von Andrei Rudaljow
Vor nicht allzu langer Zeit beklagte Peter Frankopan, Professor für Weltgeschichte an der Universität Oxford, in einem Artikel in der britischen Ausgabe des Spectator, dass viele afrikanische Länder trotz des enormen Drucks des Westens Russland (für sein Vorgehen in der Ukraine) nicht verurteilt haben. Nicht nur das, sie stehen auch weiterhin in engem Kontakt mit Russland.
Diese professoralen Offenbarungen enthielten ganz im Sinne des westlichen Bewusstseins Klagen darüber, dass das russische Narrativ in der Welt keineswegs marginalisiert ist, sondern im Gegenteil von vielen Ländern akzeptiert wird. Es ist bemerkenswert, dass der Einsatz von Druck als "Hebel der Kommunikation" durch den Westen nicht nur nicht verschwiegen wird, sondern sogar als eine Selbstverständlichkeit gilt. Wie kann man sich dann noch über die von den USA gewünschten Ergebnisse der UN-Abstimmung wundern, wenn niemand die Methoden verbirgt, mit denen sie erreicht werden? Was soll man von der Einstimmigkeit der westlichen Welt selbst halten, die auf demselben Druck beruht, dem von den amerikanischen Militärbasen besondere Effektivität verliehen wird?
Die USA haben versucht, die ganze Welt unter ihre Herrschaft zu beugen. In ihrer virtuellen Realität und in Treueschwüren von Politikern niederer Güte schienen sie damit auch ziemlich erfolgreich zu sein. In der Realität aber hat sich nach dem Beginn der russischen Sonderoperation herausgestellt, dass der größte Teil der Welt nicht auf ihrer Seite steht. Gebeugt haben sich nur die, die sich verbiegen ließen.
Es ist klar, dass US-Amerikaner und Europäer so etwas nicht akzeptieren können, also folgt auf Druck noch mehr Druck. Oleg Oserow, Botschafter des russischen Außenministeriums für besondere Aufgaben, hat kürzlich offengelegt, wie das gegenüber afrikanischen Ländern in der Praxis läuft. Es gebe "viele Beispiele dieser Art", stellte er klar, als er einige präsentierte.
Der russische Diplomat sagte, dass "afrikanische Führer und afrikanische Behörden buchstäblich belagert werden... Fast täglich reisen Delegationen aus Washington, aber auch aus anderen angelsächsischen Ländern ‒ Kanada, Großbritannien ‒ und auch aus der Europäischen Union in afrikanischen Hauptstädten an. Sie fordern geradezu, die Zusammenarbeit mit Russland einzustellen". Die Verschärfung des westlichen Drucks zielt aktuell darauf ab, den zweiten Russland-Afrika-Gipfel, der im Juli in Sankt Petersburg stattfinden soll, zu sabotieren.
Oserow hob die besonderen Bemühungen von US-Finanzministerin Janet Yellen hervor, den Widerspenstigen und Sturköpfen die Hände zu binden. Sie arrangierte eine Afrikareise, deren Ziel es war, über antirussische Sanktionen zu diskutieren. Gleichzeitig drohte sie bei jedem Gespräch zahlreiche Strafen für Verstöße gegen die antirussischen Sanktionen an. Oserow urteilte:
"Dies ist ein weiteres Beispiel für Erpressung, offenes Diktat und Drohungen, die in der modernen Welt auf keinen Fall akzeptiert werden können."
Tatsache ist, dass der Westen und die Vereinigten Staaten in ihrer eigenen Realität leben, in der die koloniale Tradition, die Methode der Peitsche, einen besonderen Stellenwert einnimmt. Anders zu denken oder zu kommunizieren sind sie nicht in der Lage.
Mit der Politik der Drohungen verfolgen die westlichen Erpresser ein doppeltes Ziel, nämlich die Verwirklichung sowohl kurzfristiger als auch langfristiger Ziele. Kurzfristig geht es um die Verurteilung Russlands, um ihren Traum von der Isolierung unseres Landes umzusetzen. Damit wollen sie uns die Hände binden und in ihre Falle locken. Das langfristige Ziel liegt ebenfalls auf der Hand: Russland soll vom afrikanischen Kontinent verdrängt werden, auch alle anderen Konkurrenten will der Westen ausschalten. Der Westen betrachtet Afrika ausschließlich als seine Futterbasis und sieht dies als sein legitimes Recht aufgrund seines kolonialen Erbes an. Die große Aktivität Russlands in der Region hat die USA schon lange irritiert. Sie wissen, dass unser Land ideologisch näher an Afrika ist, wo es historisch als Banner der antikolonialen Bewegung und der Befreiung wahrgenommen wird.
Daher werden sie alles tun, um die russisch-afrikanischen Beziehungen zu zerstören, und sie werden vor nichts zurückschrecken.
Als Beispiel für die eifersuchtsvolle Haltung des Westens gegenüber Afrika kann man sich die Geschichte des Russen Wiktor But ins Gedächtnis rufen, dessen "Verbrechen" darin bestand, dass er, nachdem die Sowjetunion den afrikanischen Kontinent verlassen hatte und zusammengebrochen war, die entstandene Lücke besetzte und seine Fluggesellschaft außerhalb der Kontrolle des Westens aufbaute. But wurde vorgeworfen, eine Bedrohung für die US-Außenpolitik zu sein. Aus diesem Grund war er Repression und langjähriger Haft ausgesetzt. Was er tat, war, die westlichen Karten des Chaos und der Kolonisierung Afrikas durcheinanderzubringen. All diese Karten werden nun von Russland selbst kräftig aufgemischt. Das afrikanische Thema wird in einem ausgezeichneten Buch von Igor Molotow "Wiktor But. Auf der Jagd nach einem Traum" breit behandelt.
Es sei auch daran erinnert, dass das US-Repräsentantenhaus im April letzten Jahres ein Gesetz zur "Bekämpfung der böswilligen Aktivitäten Russlands in Afrika" verabschiedet hat. Darin wird ausführlich über den "schädlichen" Einfluss unseres Landes in Afrika und die Notwendigkeit gesprochen, russische und afrikanische Regierungen und ihre Beamten, die an "böswilliger Einflussnahme und Aktivitäten" beteiligt sind, zur Rechenschaft zu ziehen. In dem Dokument wird dazu aufgerufen, den politischen Einfluss Russlands zu überwachen und zu melden. Die Rede ist natürlich von Russland als Wettbewerber, das Handeln Russlands in dem Konkurrenzkampf wird aber als "Böswilligkeit" ausgelegt. Ein Monopolist und Hegemon duldet und akzeptiert keine Konkurrenz ‒ jeder, der das Monopol streitig macht, fällt sofort in die Kategorie der böswilligen Einflussnahme.
Kürzlich sagte der russische Botschafter in der Republik Tschad, Wladimir Sokolenko, dass der Westen Afrika zu einer Zone besonderer Interessen erklärt habe, wovon er das Recht ableite, sich in die inneren Angelegenheiten der afrikanischen Staaten einzumischen. Das legitimiere jede Aktion, die darauf abzielt, die Freundschaftsbande mit Moskau zu kappen.
Das aktuelle Beispiel für die "humanitäre" Politik des Westens auf dem afrikanischen Kontinent ist allen bekannt: die Ruinen des einst blühenden Libyens, das versuchte, eine Afrikanische Staatenunion zu schaffen. Hillary Clinton quietschte beim Anblick des brutal gefolterten Gaddafi vor Freude. Aber in die Kategorie "Bosheit und Niedertracht" wird dies nicht eingeordnet.
Seltsamerweise zieht man im Westen keine Konsequenzen und gibt seine Gewohnheiten und traditionellen Methoden nicht auf. Die Politik, Russland mit der Peitsche zu sanktionieren, hat sich als bankrott und unhaltbar erwiesen. Auch die Versuche, den souveränen afrikanischen Staaten einen eisernen Kragen um den Hals zu legen, werden nicht von Erfolg gekrönt sein. Aber sie gehen weiter und stellen die Afrikaner vor die Wahl: Knechtschaft und Sklaverei oder Souveränität.
Wer weiß, vielleicht geht der Westen bewusst den Weg der Selbstisolierung, um den Garten Eden von Borrell vor allen möglichen Übergriffen zu schützen. Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte nach dem G20-Außenministertreffen in Neu-Delhi:
"Ich habe den Eindruck, dass der Westen sich selbst isoliert.
Die Entwicklungsländer sehen sehr gut, was all diese Sprüche über die Notwendigkeit, die Demokratie gegen die Autokratie zu verteidigen, wert sind. Wenn der Westen sich so sehr für die Demokratie einsetzt, wie er allen weismachen will, warum können dann die demokratischen Grundsätze nicht auf der internationalen Bühne angewandt werden?"
Sie reißen sich selbst alle Masken vom Gesicht und beschuldigen dann Russland, antiamerikanische Stimmungen zu schüren. Afrika hingegen wird sich wehren, ebenso wie Russland, ebenso wie die ganze Welt.
Übersetzt aus dem Russischen
Mehr zum Thema - Frankreich will Ex-Kolonien nicht verlassen: Militärbasen nun als Schulen ausgegeben