Einer der Söhne des früheren libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi ist nach mehr als sieben Jahren im Gefängnis wieder auf freien Fuß. Al-Saadi Gaddafi habe am Sonntag das Al-Hadaba-Gefängnis in der libyschen Hauptstadt Tripolis verlassen. Dies sagte ein Sprecher der Übergangsregierung des nordafrikanischen Landes. Saadi Gaddafi kam auf Empfehlung des Generalstaatsanwalts frei, wie aus Justizkreisen des Landes verlautete.
Die Nachrichtenagentur AFP erfuhr aus dem Büro des Generalstaatsanwalts, dieser habe bereits "vor mehreren Monaten" Saadis Freilassung angeordnet.
Zum aktuellen Aufenthaltsort des 47-Jährigen wurde offiziell nichts mitgeteilt. Gaddafis drittältester Sohn sei nach seiner Freilassung laut Medienberichten aber bereits in die Türkei ausgereist.
Im September 2011 war Saadi nach Niger geflohen. Kurz darauf wurde sein Vater gewaltsam entmachtet und am 20. Oktober desselben Jahres ermordet. Bei den Aufständen kamen insgesamt drei der sieben Söhne Gaddafis ums Leben. Im März 2014 wurde Saadi an Libyen ausgeliefert. Die dortigen Behörden warfen ihm unter anderem vor, am Versuch einer "gewaltsamen Niederschlagung der Revolte" gegen seinen Vater beteiligt gewesen zu sein.
Reuters berichtet, dass Saadis Freilassung auf Verhandlungen zurückzuführen sei, an denen hochrangige Stammesführer und Premierminister Abdul Hamid Dbeiba beteiligt gewesen seien. An den Verhandlungen soll auch der ehemalige Innenminister Fathi Baschagha teilgenommen haben.
Saif al-Islam, ein weiterer Sohn Gaddafis, verbrachte ebenfalls sechs Jahre in Gefangenschaft, wurde aber im Jahr 2017 freigelassen und war bis vor kurzem untergetaucht. Zehn Jahre nach seiner Flucht meldete sich unlängst der zweitälteste Sohn des getöteten früheren libyschen Staatsoberhaupts auf der politischen Bühne zurück. Saif al-Islam al-Gaddafi sprach im Juli mit der New York Times über die Lage in dem Bürgerkriegsland und machte dabei auch Andeutungen, bei der im Dezember geplanten Präsidentschaftswahl womöglich selbst anzutreten. Für die Vereinigten Staaten, die die NATO-Kampagne zum Sturz von Saifs Vater anführten, wäre die Wiederbelebung der Gaddafi-Dynastie allerdings zumindest peinlich.
Muammar al-Gaddafi war im Jahr 2011 im Rahmen einer NATO-Invasion gestürzt worden. Libyen versank in Chaos und Bürgerkrieg. Sklaven-, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel florieren seither in dem Land.
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