In den betroffenen Regionen gingen Plünderungen und Brandstiftungen zum Teil auch vor laufender Kamera ungehindert weiter. Und das, obwohl in der Gauteng-Provinz rund um Johannesburg sowie in der östlichen Provinz KwaZulu-Natal das Militär mit Patrouillen begonnen hatte. Mindestens 72 Menschen starben bislang aufgrund der Ausschreitungen, sagte eine Sprecherin der Spezialeinheit der Sicherheitskräfte, NatJOINTS, am Dienstagabend. Zuvor hatten die Premiers der beiden Provinzen von 45 Toten gesprochen.
In den besagten Gebieten bildeten sich laut Medienberichten Bürgerwehren, um ein Überschwappen aus den geplünderten und oftmals zerstörten Gewerbegebieten in die Wohnviertel zu verhindern.
Das mittlerweile zur Unterstützung der Polizei mobilisierte Militär wurde laut Regierungsangaben vor allem an strategischen Punkten rund um Krankenhäuser und Flughäfen, aber auch im Township Alexandra bei Johannesburg stationiert. Während der Unruhen wurden auch mindestens vier Ausländer aus Somalia getötet und weitere verletzt.
In den sozialen Medien kursieren Videos und Fotos, die das Ausmaß der Zerstörung zeigen sollen. Auf einem Video wird demnach der Innenbereich des Einkaufszentrums "Watercrest Mall" in der Stadt Durban gezeigt.
Ein anderes Video auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zeigt einige Straßen der Stadt.
Ein anderer Nutzer teilte Fotos, die das Ausmaß der Ausschreitungen und Plünderungen in der betroffenen Provinz KwaZulu-Natal zeigen sollen.
Am Mittwoch wurde zudem berichtet, dass die gewalttätigen Ausschreitungen von den zwei betroffenen Provinzen aus auf benachbarte Regionen übergeschwappt seien. In den Provinzen Mpumalanga und Northern Cape gab es ähnliche Zwischenfälle, wie die Polizei erklärte.
Was als Protest gegen die Inhaftierung des Ex-Präsidenten Jacob Zuma begonnen hatte, entwickelte sich innerhalb weniger Tage zu gewalttätigen Unruhen. Diese hätten wichtige Lieferketten unterbrochen, die Südafrika innerhalb weniger Wochen "einem großen Risiko von Lebensmittel- und Medikamentenunsicherheit aussetzten könnten", warnte Präsident Cyril Ramaphosa am Montagabend in einer Fernsehansprache. Besonders während der Corona-Pandemie könne das lebensbedrohliche Folgen haben.
Seit Tagen soll unter anderem eine der wichtigsten Verbindungen – die Autobahn N3 von Afrikas bedeutendstem Hafen in Durban nach Johannesburg – gesperrt sein. Die geschätzten Schäden für die zuvor schon durch die Corona-Krise angeschlagene Volkswirtschaft des Landes werden mittlerweile auf mehrstellige Millionenbeträge geschätzt.
In dem Ort Vosloorus im industriellen Zentrum rund um Johannesburg (Gauteng-Provinz) distanzierte sich der Vorsitzende des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) von Behauptungen, die Gewalt sei ein Protest gegen die Inhaftierung des früheren ANC-Vorsitzenden Zuma. Vor laufender Kamera erklärte er:
"Einkaufskomplexe niederzubrennen hat nichts mit Zuma zu tun, aber eine Menge mit Kriminalität."
Kriminelle sabotierten die Grundlage der Wirtschaft und zerstörten eine Infrastruktur, die den Armen letztlich ihre Jobs nehme. Auch die Afrikanische Union (AU) rief angesichts der Gewalt dringend zu einer Wiederherstellung der Ordnung auf.
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(rt/dpa)