Mosambik: EU-Militäreinsatz für Erdgas?

Im Norden Mosambiks verüben islamistische Rebellen brutale Angriffe. Die Regierung rief die Europäische Union zur Hilfe auf. Jüngst musste der französische Energiekonzern Total mehr als 1.000 Mitarbeiter in Sicherheit bringen. Geht es nur um humanitäre Interessen?

Die EU erwägt in Reaktion auf den wachsenden Einfluss von Terroristen im Norden Mosambiks den Start eines Militäreinsatzes zur Unterstützung der Regierungstruppen. "Wir werden versuchen, eine Ausbildungsmission zu entsenden, wie wir sie in der Sahelzone haben, um die Sicherheitslage in Mosambik beherrschbar zu machen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag bei einem Treffen der Verteidigungsminister der EU-Staaten in Brüssel. Die Regierung des südostafrikanischen Landes habe um Hilfe gebeten.

Eine dschihadistische Miliz namens al-Shabaab, die dem Islamischen Staat die Treue geschworen hat, von der aber keine Verbindungen zu der in Somalia operierenden Gruppe gleichen Namens bekannt sind, hat letztes Jahr vier Städte angegriffen, darunter die Hafenstadt Mocímboa da Praia, die somit seit August besetzt ist.

Die Kämpfe im Norden des Landes haben nach Angaben der Regierung bereits 2.400 Todesopfer gefordert und etwa 570.000 Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen.

Mehr als die Hälfte der Getöteten waren Zivilisten, so meldet die Non-Profit-Organisation ACLED, die Daten zu bewaffneten Konflikten verfolgt.

In der Zwischenzeit hat Mosambiks Präsident Filipe Nyusi die obersten Generäle der Armee ausgetauscht.

Der Präsident nannte zwar keine Gründe für die Umbildung des Militärs, aber dies könnte durch erneute Angriffe einer islamistischen Gruppe in der nördlichen Provinz Cabo Delgado ausgelöst worden sein, dem Standort eines 20 Milliarden Dollar teuren Bauprojekts, das vom französischen Energieriesen Total geleitet wird.

Die dort im Bau befindliche Flüssigerdgas(LNG)-Anlage, die 2024 in Betrieb gehen soll, ist das Herzstück der Regierungsinitiative, die reichen Offshore-Erdgasfelder wirtschaftlich zu nutzen.

Anfang des Jahres meldete Total, dass man mehr als 1.000 Mitarbeiter evakuiert habe, nachdem Dschihadisten im Dezember vier Orte nur wenige Kilometer entfernt überfallen hätten und auch auf dem Gelände selbst ein Feuergefecht stattgefunden hätte.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) warnte zuletzt vor einer sich zuspitzenden Krise in der Konfliktprovinz Cabo Delgado. Infolge der Gewalt seien Tausende von Zivilisten auf der Flucht. Knapp eine Million Menschen seien aktuell von großem Hunger betroffen. Allein nach einem Angriff auf die Stadt Palma im März wären 50.000 Menschen geflohen.

Wie ein EU-Einsatz in Mosambik genau aussehen könnte, blieb zunächst unklar. An der Ausbildungsmission für die Sahelzone (EUTM Mali), die Borrell als Orientierung nannte, sind bis zu 1.077 Soldaten beteiligt. Deutschland stellte davon zuletzt bis zu 450. Vom 1. Juni an sollen es sogar bis zu 600 deutsche Soldaten sein. Ziel des Einsatzes soll es sein, die Streitkräfte in der Region durch Beratung und Ausbildung so zu unterstützen, damit diese Bedrohungen durch terroristische Gruppen effektiv entgegentreten können. Eine Beteiligung an Kampfeinsätzen umfasst das Mandat allerdings nicht.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat einen Einsatz deutscher Soldaten in dem von Terrorismus erschütterten Mosambik derzeit ausgeschlossen. Die Bundesregierung werde einer EU-Ausbildungsmission sicher nicht im Weg stehen, Deutschland werde sich daran militärisch aber nicht beteiligen, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag nach einem EU-Verteidigungsministertreffen in Brüssel.

Bereits im letzten Jahr gab es Schwierigkeiten mit dem Ausbau der Erdgas-Anlagen in dem Land. Das LNG-Erdgasprojekt am Rovuma in Mosambik, das für 2020 geplant war, sei verschoben worden, teilte der US-Konzern ExxonMobil mit, der das Projekt gemeinsam mit der China National Petroleum Corporation (CNPC) betreibt. Die Entscheidung war Teil der Maßnahmen, um auf die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie zu reagieren.

Der Vorstand des Konzerns beschloss, die Investitionsausgaben um 30 Prozent, also etwa 10 Mrd. US-Dollar zu reduzieren. Das ist eine Maßnahme, die mit den niedrigen Preisen für Energieprodukte infolge des Nachfragerückgangs zusammenhängt. Die zuvor angekündigte Investitionshöhe belief sich auf 33 Mrd. US-Dollar.

Neben dem wirtschaftlichen Abschwung gab es auch bei diesem Projekt auf Seiten der Investoren bereits Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Eindämmung der islamistischen Aufstände in der Region.

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(rt de/dpa)