Reiches Deutschland – Arme Kinder

Ausführlich berichteten die deutschen Medien angesichts der Vergabe des  diesjährigen Friedensnobelpreises über die dramatische Situation von Kindern in Indien und Pakistan. Doch dass auch in Deutschland die Kinderarmut weiter steigt, wird hierzulande von den Medien ignoriert. Insgesamt leben mehr als 1,6 Millionen Jungen und Mädchen unter 15 Jahren in Hartz IV-Armut.
Während die Zahl der Hartz-IV-Empfänger seit 2012 bei etwa sechs Millionen konstant geblieben ist, hat sich die Hilfequote bei Kindern unter 15 Jahren erhöht. Im Mai 2014 lag sie bei 15,7 Prozent. Eine neue Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die der DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy vorgelegt hat belegt zudem, dass für viele der 1,64 Millionen Jungen und Mädchen Hartz IV zur Falle wird, und sie über viele Jahre hinaus in Armut verharren. Laut der DGB-Studie erhalten derzeit mehr als 1,2 Millionen unter 15-Jährige seit mindestens einem Jahr Hartz IV. 642.000 dieser Kinder sind sogar seit vier Jahren oder länger auf die staatliche Hilfe angewiesen. Vor allem bei den Jüngeren sei davon auszugehen, "dass sie direkt in Hartz-IV-Verhältnisse hineingeboren wurden. Damit ist das Risiko einer dauerhaften, quasi vererbten Hilfsbedürftigkeit hoch". Dieses Risiko nimmt der Studie zu Folge mit der Zahl der Kinder zu. Bei Paaren mit drei oder mehr Jungen und Mädchen ist der Anteil der Hartz-IV-Bezieher, die die Leistungen lange Zeit beziehen besonders hoch. Die Kinder leiden in einer Armuts-Situation nicht nur, weil das Geld fehlt. DGB-Experte Adamy führt weiter aus, dass keine Arbeit zu haben, könne "eine Abwärtsspirale von sinkendem Selbstwertgefühl, Sinnkrise und mangelnder sozialer Teilhabe in Gang setzen". Es gibt in Deutschland trotz dieser dramatischen Situation keinen übergreifenden Aktionsplan gegen Kinderarmut. "Es passt nicht zusammen, über Fachkräftemangel zu diskutieren und zugleich zuzulassen, dass etwa 1,9 Millionen Kinder unter 18 Jahren im Hinterhof unserer Wohlstandsgesellschaft in Hartz-IV-Armut leben müssen", so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Der DGB fordert als Konsequenz der Studie ein Sonderprogramm gegen Kinder- und Familienarmut.