Überwachungswahn? Österreichs Finanzbehörden wollen Fingerabdruck und IP-Adresse der Steuerzahler

Wie die österreichische Tageszeitung "Die Presse" in ihrer Mittwochausgabe berichtet, sieht eine neue Gesetzesnovelle vor, dass österreichische Behörden künftig Bürger dazu verpflichten können, den Finanzämtern Fingerabdrücke und persönliche IP-Adressen abzugeben. Der Passus zu den Fingerabdrücken ist zudem so verklausuliert, dass die Intention kaum auffällt. So wird statt Fingerabdrücke der weit weniger gebräuchliche Terminus "Papillarlinienabdrücke" verwendet. Kritiker befürchten, dass das "österreichische Modell" bald in der ganze EU Anwendung finden könnte.
Kaum ist die Debatte um das Bank-Geheimnis beigelegt, hat die österreichische Zeitung "Die Presse" auch schon den nächsten Skandal in der Alpenrepublik enthüllt. Im Rahmen der jüngsten Steuerreform soll künftig massiv in die Privatsphäre eingegriffen werden. Die Gesetzesnovelle greift, sobald Behörden vermuten, dass "Beschuldigte", wie es vage heißt, "Spuren hinterlassen haben". Dabei wollen die Behörden vor allem auf Fingerabdrücke und IP-Adressen zurückgreifen, um beispielsweise Steuersünder schnell und problemlos identifizieren zu können. Über diese Praktiken empört, beschreiben die "Deutschen Wirtschaftsnachrichten" eine gut platzierte Finte Wiens, um den geforderten Fingerabdruck kurzerhand mit dem Begriff "Papillarlinienabdruck" zu verschleiern, als "besonders fiesen" Akt der Bürger-Täuschung. Der Abschnitt zu den Fingerabdrücken finde sich geschickt formuliert und gut versteckt in einem Zusatz zu Paragraph 99 des Finanzstrafgesetzes wieder. Während der gemeine Bürger droht, unter Generalverdacht zu geraten, werden sich die österreichischen Finanzbehörden nach Abschluss des Gesetzes über die künftig ungeahnten Vollmachten freuen dürfen, die ihnen die Regierung gewährt. Ein solcher Fall wäre europaweit ein Novum: Noch nie hätte eine Finanzbehörde so viele Freiheiten gehabt, derartig weitreichend und ungehindert in die Privatsphäre von Individuen einzudringen. So dürfen sie, "soweit dies zur Identitätsfeststellung erforderlich ist", einen Beschuldigten nach Herzenslust fotografieren oder dessen E-Mails anzapfen. Die Mobiltelefon- und Internetanbieter werden dabei zur Kollaboration gezwungen. Sie müssen beispielsweise "die IP-Adressen zu einer bestimmten Nachricht und den Zeitpunkt ihrer Übermittlung" mit den Behörden teilen sowie "Name und Anschrift eines Benutzers, dem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war", bekanntgeben. Kritiker vermuten allerdings, dass es sich bei den Maßnahmen lediglich um Ausbeutungs- und Geldbeschaffungsmaßnahmen eines Schulden-Staates handle, der seine Eingriffsrechte ausreizt, um auch die letzten unversteuerten Euros möglichst nahtlos einzutreiben. Die österreichische Regierung kämpft seit 2009 gegen Finanzlöcher im Staatshaushalt an, nachdem die Hypo Alpe Adria Bank infolge dubioser Machenschaften in Österreich und auf dem Balkan sowie zahlreicher Finanz- und Korruptionsaffären in finanzielle Schwierigkeiten geraten war.