Türkei liebäugelt mit russischem Luftabwehrsystem - NATO sieht Rüstungsdeal als Provokation ihres Mitglieds

Ähnlich wie der Iran hat auch das NATO-Mitglied Türkei Interesse an russischen Luftabwehrsystemen wie S-300 und Antey-2500 geäußert. Da beide Systeme nicht NATO-kompatibel sind, äußern westliche Experte die Sorge, der geostrategisch wichtige Partner könnte sich langsam aus dem Militärbündnis lösen. Sorge macht insbesondere den USA auch Ankaras jüngster politisch-militärischer Flirt mit Peking.
Neue Meldungen rund um das nationale Raketenabwehr-System der Türkei heizen jedenfalls die Debatte um die politische Reichweite der westlichen Militärallianz NATO an, die allem Anschein nach eigenständige Wege ihrer Mitglieder unter keinen Umständen billigt. Zudem ist gerade die türkische Armee, die das zweitgrößte NATO-Heer nach den Vereinigten Staaten stellt, ein wichtiger geostrategischer Anker westlicher Dominanzpolitik  auf dem Balkan, im Nahen Osten und dem Kaukasus. Ankara galt über Jahrzehnte als willfähriger Abnehmer westlicher Rüstungsprodukte, die stets ohne Wenn und Aber abgenommen wurden. Heute sieht sich die Türkei allerdings nach Jahren der Bevormundung und selbstgerechter Einmischungen des Westens in die inneren Angelegenheiten der Türkei immer weniger an dessen Vorgaben gebunden. In diesem Zusammenhang hat der stellvertretende Direkter des staatlichen Rüstungskonzerns von Russland, Rosoboronexport, Sergej Goreslawski, offenbart, dass die Türkei Interesse an einem Flugabwehrsystem aus Russland bekundet habe sowie plane, eines zu erwerben.  Den Vernehmungen zufolge kämen dabei zwei Modelle in Betracht: einmal das System Antey-2500, im anderen Fall das S-300, welches auch der Iran kürzlich zur Sicherung seines Luftraumes gegen mögliche Angriffe Israels oder der USA erwarb. Anders als der Rest der NATO-Mitglieder spielte Ankara in der Ukraine-Krise eine vermittelnde Rolle. Und trotz großer Besorgnis um das Schicksal der Tataren auf der Krim, derer sich Ankara traditionell als Schutzmacht annimmt, verhängte die Türkei keine Sanktionen über den russischen Nachbarn. Russland jedenfalls weiß den Pragmatismus und die bewusste Distanzierung Ankaras vom politisch motivierten Handelskrieg des Westens zu schätzen. Schließlich honorierte Moskau die Positionen Ankaras im Gegenzug mit intensiveren Wirtschaftsbeziehungen, wovon die Türkei im Gegensatz zur gebeutelten EU-Wirtschaft profitiert. Indes fordert der Goreslawski, der derweil die Istanbuler Rüstungsmesse IDEF 2015 besucht, dass Russland und die Türkei im militärisch-technologischen Bereich intensiver kooperieren sollten. Laut der Nachrichtenagentur Tass sei im Zusammenhang mit Russland ein für die Türkei entscheidender Technologietransfer im Gespräch. Doch wie auch im Falle Chinas werde das NATO-Bündnis die AKP-Regierung wegen ihrer Alleingänge vermutlich unter Druck setzen und das Land dazu drängen, Waffendeals wie gehabt nur mit westlichen Unternehmen abzuschließen. Seit Jahren verhandelt die Türkei um ein leistungsfähiges Raketenabwehrsystem, das die Republik, die sich mittlerweile in unmittelbarer Nachbarschaft zu zahlreichen Konfliken wie dem syrischen, irakischen aber auch dem ukrainischen Bürgerkrieg befindet, vor äußeren Gefahren schützen solle. Westliche Anbieter aus den Reihen der NATO wollten der Türkei jedoch stets nur ein schlüsselfertiges System verkaufen. US-Rüstungsgiganten wie Raytheon oder Lockheed, die beispielsweise das Mittelstreckenflugabwehr-System vom Typ Patriot bauen, verwehrten Ankara jegliche Option auf einen Know-How-Transfer, was in Zeiten angestrebter Eigenständigkeit den Anschein erweckt, der Westen verweigere der Türkei diesen aus Prinzip. Für die NATO dürfte ein Rüstungsdeal mit Russland einer Provokation gleichkommen.