Vorbild für Deutschland? Bulgarien überprüft alle Privatisierungsdeals nach der Wende

In Bulgarien soll die gesamte Privatisierung staatlicher Unternehmen aus der Zeit der Volksrepublik Bulgarien überprüft werden. Gut 66 Prozent des Staatseigentums wurden von 1989 bis Ende 2018 privatisiert. Rund 170 der Deals wurden mit ausländischen Investoren abgewickelt.

Der Staatsbesitz der früheren Volksrepublik Bulgarien wurde nach der Wende 1989 auf 40 Milliarden US-Dollar geschätzt. Wegen vermuteter Machenschaften bei der teilweise intransparenten "Entstaatlichung" wurde in der nachfolgenden Republik Bulgarien das Wort "Privatisierung" im Volksmund schnell zum Synonym für Korruption und Misswirtschaft.

Neue Eigentümer schuldeten noch immer gut 511 Millionen Euro 

Insgesamt 18,7 Milliarden Lewa (9,5 Mrd. Euro) gingen nach Angaben der staatlichen Privatisierungsagentur im Zuge von Privatisierungen bis Ende November 2018 in die Staatskasse ein, wie die Online-Ausgabe der Zeitung 24 Tschassa berichtete.

Bis Ende 2018 seien gut 66 Prozent des Staatseigentums Bulgariens privatisiert worden. Neue Eigentümer schuldeten dem bulgarischen Staat aber noch immer mehr als eine Milliarde Lewa (gut 511 Millionen Euro). 174 der Privatisierungsdeals wurden mit ausländischen Investoren abgewickelt – unter anderem aus Belgien, Deutschland, Griechenland, Österreich, Russland und Spanien.

Der neue Generalstaatsanwalt Iwan Geschew beauftragte am Mittwoch die Agentur für nationale Sicherheit (DANS) in Sofia, die gesamte Privatisierung staatlicher Unternehmen nach 1989 zu überprüfen.

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Das konservativ-nationalistische Regierungslager und auch die oppositionellen Sozialisten sowie die DPS der türkischen Minderheit begrüßten eine Revision der Privatisierung:

Wir stellen immer wieder die Frage darüber, dass der Staat auf eine barbarische Weise ausgeraubt wurde", sagte der Vize-Fraktionschef der Regierungspartei GERB, Krassimir Weltschew. 

Der aktuelle Vorstoß des seit Dezember amtierenden Generalstaatsanwalts Geschew folgt auf Razzien und Aktionen unter anderem gegen einen mutmaßlichen Glücksspiel-Boss und gegen korrupte Zöllner.

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(dpa/rt)