Erdoğan feuert Zentralbank-Chef: Medien spekulieren über Streit um Leitzins als möglichen Grund

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat am Samstag den Chef der Zentralbank per Erlass abgesetzt. Ein Grund wurde zwar nicht genannt. Türkische Medien hatten jedoch in den vergangenen Tagen über eine anstehende Entlassung des Zentralbank-Chefs spekuliert.

Wie es am Samstag in einem präsidialen Dekret hieß, werde Murat Çetinkaya, der den Posten seit April 2016 innehatte, durch seinen bisherigen Stellvertreter Murat Uysal ersetzt. Die türkische Zentralbank werde auch in Zukunft unabhängig sein, sicherte ihr neuer Chef am Samstag auf der Internetseite des Instituts zu. Eine Pressekonferenz sei "in den kommenden Tagen" geplant. Murat Uysal war seit Juni 2016 Stellvertreter an der Spitze der Bank.

Die größte Oppositionspartei CHP äußerte harsche Kritik an dem Schritt. "Die türkische Zentralbank ist zu einer Geisel des Präsidentenpalastes geworden", schrieb der Sprecher der CHP, Faik Öztrak, auf Twitter.

Recep Tayyip Erdoğan hatte die türkische Zentralbank immer wieder unter Druck gesetzt, die Zinsen zu senken. Er bezeichnete in der Vergangenheit den aus seiner Sicht hohen Leitzins als "Mutter und Vater allen Übels in der Wirtschaft". Analysten und Ratingagenturen forderten ihrerseits von den Währungshütern dagegen Zinserhöhungen, um dem Anstieg der Inflation in der Türkei zu begegnen. Die Unabhängigkeit der Zentralbank wurde vom türkischen Staatschef immer wieder infrage gestellt.

Im vergangenen Jahr ist die Landeswährung Lira nach einem Zerwürfnis der Türkei mit den Vereinigten Staaten schwer eingebrochen, und ihr Kurs schwankt seitdem stark. Gleichzeitig sind auch die Inflation und die Arbeitslosigkeit stark gestiegen. (dpa)

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