Der 32-jährige Kanzler setzte sich am Mittwoch in Washington bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump für das Nord Stream 2 Pipelineprojekt mit Russland ein, das noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll.
"Österreich will eine sichere Gasversorgung", sagte Kurz nach einem Treffen mit Trump gegenüber lokalen Medien und fügte hinzu, dass Wien kein Problem damit habe, flüssiges Erdgas (LNG) aus den USA zu kaufen. "Aber solange der Preis besser ist, ist Russland als Partner attraktiver, wie Trump als ehemaliger Geschäftsmann durchaus verstehen kann", so Kurz.
Die Preise für US-Importe sind "derzeit nicht wettbewerbsfähig", monierte Kurz. Deshalb werde das Gas für Österreich "in absehbarer Zeit weiterhin hauptsächlich aus Russland" kommen.
Auch Deutschland verteidigt das Projekt und behauptet sich bislang gegen den Druck aus den USA, die Pipeline noch auf den letzten Etappen zu stoppen. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer bezeichnete das Projekt als etwas, das "einfach nicht zurückgedreht werden kann" und fügte hinzu, dass Deutschland "durchaus legitime wirtschaftliche Interessen an der Energieversorgung hat".
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Nach Fertigstellung wird Nord Stream 2 über die Kapazität verfügen, jährlich 110 Millionen Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland und von dort in andere europäische Länder zu transportieren. Während die Infrastrakturverbesserung Berlin und Wien positiv stimmt, alarmiert die Aussicht offenbar die Behörden in Warschau und Kiew, die derzeit von Transitgebühren für russisches Gas profitieren.
Am Dienstag veröffentlichten zwei polnische Diplomaten aus der Warschauer NATO-Mission einen Appell an die Allianz, die Erdgasversorgung als ein wichtiges Sicherheitsproblem zu behandeln, und ihr Augenmerk auf die Etablierung der Ukraine als alternative Gasversorgungsdrehscheibe gegen Russland zu richten.
Mit Inbetriebnahme von Nord Stream 2 können russische Gaslieferungen Polen und die Ukraine vollständig umgehen, was die polnische Seite beunruhigend findet. Die Ukraine verdient jährlich etwa 3 Milliarden US-Dollar an Transitgebühren, was fast dem gesamten Kiewer Militärbudget von 3,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 entspricht.
Vor einem Jahr argumentierte US-Energieminister Rick Perry, dass Washington "nicht nur Energie exportiert, sondern auch Freiheit". "Die Wahl, wo man Energie kaufen kann, die Verbündeten in Europa angeboten wird, ist Freiheit", sagte er. Diese Art von Freiheit sei unbezahlbar.
Statistiken aus dem Jahr 2017 zeigen, dass Europa 164 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland importierte, während Europa und die Türkei zusammen nur rund 3 Milliarden Kubikmeter US-LNG abnahmen. Neuere EU-Daten zeigen, dass die russischen Importe im Jahr 2018 auf über 40 Prozent der Gesamtenergieimporte stiegen, während die geringen US-Importe in der Statistik lediglich in die Kategorie "andere" fallen.
Während die USA zwar ein wachsender Produzent und Exporteur von LNG sind, verfügen sie derzeit aber nur über zwei operative Verflüssigungsterminals - eines in Alaska und eines in Louisiana. Zwei weitere befinden sich im Bau, deren Eröffnung auf September 2019 verschoben wurde, angeblich aufgrund von Überschwemmungsschäden während des Hurrikans Harvey im Jahr 2017.
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