von Andreas Richter
Autos mit Elektroantrieb werden in Politik und Medien gern als die Zukunft des Automobils dargestellt, als Lösung für die bevorstehenden Verkehrs- und Umweltprobleme. Die Regierung setzt ehrgeizige Ziele, um möglichst schnell möglichst viele E-Autos auf die Straße zu bekommen. Parteien überbieten sich bereits in ihren Forderungen nach einem möglichst baldigen Verbot von Verbrennungsmotoren.
Auch in der Gesellschaft genießen E-Autos ein sehr gutes Image. Doch all das beruht auf einer idealisierten Darstellung und Wahrnehmung der Elektromobilität. Die Wirklichkeit, und darauf weisen renommierte Wissenschaftler seit Jahren hin, ist eine andere. Tatsächlich dürfte die E-Mobilität nicht der Antrieb der Zukunft werden. Elektrofahrzeuge sind längst nicht so umweltfreundlich, wie gemeinhin behauptet. Die Vorteile für die Kunden dürften sich ebenfalls in Grenzen halten. Darüber hinaus bringt die Umstellung der Autoindustrie auf diese Antriebsart eine Reihe offener Fragen mit sich.
Zunächst einmal kann der Elektroantrieb prinzipiell nur dann als umweltfreundlich gelten, wenn für den Antrieb Ökostrom verwendet wird. Das ist das stets verkündete Ziel. Nur wird solcher Strom auf absehbare Zeit in Deutschland (anders als in Norwegen) nicht ständig und überall verfügbar sein. So lange konventionell erzeugter Strom verwendet wird, werden die Emissionen nur verlagert.
Neben diesen indirekten Emissionen, die am Ort der Stromerzeugung anfallen, verursachen E-Fahrzeuge auch direkte Emissionen. Darauf weist eine Gruppe von deutschen und österreichischen Verkehrsprofessoren hin, die schon 2017 vor einer einseitigen Verherrlichung der Elektromobilität warnten. Auch bei Betrieb von Elektrofahrzeugen entstehe vor Ort Feinstaub. Nur der geringste Teil des im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubs komme aus den Verbrennungsmotoren. Der Begriff "emissionsfrei" sei im Zusammenhang mit E-Autos irreführend.
Eines der zentralen Probleme der E-Mobilität liegt in der Speicherung der Energie. Nach einer Studie des schwedischen Umweltministeriums aus dem Jahr 2017 entstehen bei der Produktion einer Batterie für den Tesla Model S 17,5 Tonnen CO2. Ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor muss acht Jahre gefahren werden, um so viel Kohlendioxid auszustoßen. Bei einem kleineren E-Auto wie dem Nissan Leaf wären es noch drei Jahre.
Bei der Produktion der Batterien werden darüber hinaus Rohstoffe wie Lithium und Kobalt benötigt, deren Abbau alles andere als unproblematisch ist. So werden in Chile durch den Lithiumabbau ganze Landstriche ausgetrocknet und kontaminiert. Kobalt etwa wird in der Demokratischen Republik Kongo unter katastrophalen Bedingungen von Kindern aus dem Boden geholt.
Die geförderten Mengen dieser Rohstoffe sind heute noch vergleichsweise gering – wächst die E-Mobilität auch nur annähernd so wie vorhergesagt, dürften sich auch die mit ihrer Förderung verbundenen Probleme verschärfen. Das führt zum nächsten Problem: Die Rohstoffe sind nicht unbegrenzt verfügbar. Wie Jörg Wellnitz von der Technischen Hochschule Ingolstadt gegenüber Ingolstadt Today erklärte, würde allein VW bei einer vollständigen Umstellung der Produktion auf E-Autos jährlich 130.000 Tonnen benötigen. Dabei werden derzeit weltweit nur 123.000 Tonnen produziert.
Eine weitere offene Frage ist die der Entsorgung der Batterien. Prinzipiell ist es möglich, die giftigen Lithium-Akkus umweltgerecht zu recyceln und dabei einen Teil der Rohstoffe wieder verwertbar zu machen. Allerdings dürfte der Aufwand angesichts der zu erwartenden Größenordnung gewaltig sein. Ob und wie zu welchen Kosten in großem Maßstab recycelt werden kann, muss sich noch zeigen.
Alles in allem kann die Elektromobilität nicht mehr als eine Teillösung sein. Tatsächlich ist es prinzipiell sinnvoll, einen Teil der Kraftfahrzeuge in Städten elektrisch zu betreiben (das gilt auch für Busse, allerdings sind hier die altmodischen Oberleitungsbusse solchen mit Batterien vorzuziehen). Für lange Strecken und hohe Geschwindigkeiten ist und bleibt der herkömmliche Elektroantrieb ungeeignet, selbst wenn die dafür notwendige Ladeinfrastruktur geschaffen wird.
Vor diesem Hintergrund sind die Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität auf nationaler und EU-Ebene aus umwelt- und klimapolitischer Sicht nicht wirklich nachvollziehbar. Der Anteil des Autoverkehrs am klimaschädlichen Kohlendioxidausstoß beträgt laut Wellnitz gerade einmal 16 Prozent. Massentierhaltung sowie Schiffs- und Flugverkehr stellen eine größere Belastung dar.
Nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) stoßen 15 übergroße Containerschiffe so viele Schadstoffe aus wie 750 Millionen Autos. Weltweit gibt es 330 dieser Schiffe und etwa 1,6 Milliarden Autos. Hinzu kommt, dass der Schadstoffausstoß bei Verbrennungsmotoren gut zu optimieren ist, wobei es immer einen Zielkonflikt zwischen der Reduzierung der Stickoxide, der des Feinstaubs und dem gewünschten niedrigen Verbrauch geben wird.
Um die Debatte und die Politik beim Thema Verkehr vom Kopf auf die Füße zu stellen, müsste zuerst die Debatte um die Antriebstechniken aus dem Fokus genommen werden. Stattdessen sollte zuallererst überlegt werden, wie eine Siedlungs- und Verkehrsplanung aussieht, die Verkehr reduziert. Die nächste Stufe wäre die Planung eines funktionierenden öffentlichen Nah- und Fernverkehrs.
Auf der Ebene des individuellen Kraftverkehrs müsste es bei einer rationalen Herangehensweise dann vor allem darum gehen, Größe, Gewicht und Leistung der Fahrzeuge gesetzlich zu begrenzen und zu reduzieren. Bisher sind die positiven Wirkungen jeder technischen Neuerung auch auf die Umwelt durch die sogenannten Rebound-Effekte immer wieder ausgeglichen worden.
Und schließlich müssten dann natürlich auch die Antriebstechniken diskutiert werden. Dabei sollte aber eine ehrliche und vollständige Ökobilanz gezogen werden. Wellnitz sieht derzeit einen Ottomotor oder einen kleinen Diesel vorn. Langfristig setzt er allerdings auf einen anderen Antrieb: "Das Wasserstoffauto wird ganz sicher kommen."
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