Von einer Regionalisierung der russischen Währung sprach letzte Woche der stellvertretende Leiter der Abteilung für Kreditpolitik in der Russischen Zentralbank, Andrej Lipin. Diese sei als Vorstufe zu einer möglichen Internationalisierung des Rubels möglich. Seiner Meinung nach sei eine Expansion in die Staaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) sowie die GUS-Staaten bis zum Jahr 2035 möglich. Die Nutzung des Rubels als Handelswährung bei bilateralen Transaktionen könne die Währungsrisiken senken und administrative Hürden umgehen.
Nach Schätzungen des Zentrums für Integrationsforschungen der Eurasischen Entwicklungsbank erreichten Rubel-Abrechnungen zwischen den Unions-Staaten derzeit eine Höhe von umgerechnet insgesamt 69 Milliarden Dollar, während auf den US-Dollar 18 Milliarden und auf den Euro umgerechnet fünf Milliarden Dollar entfielen. In der kürzlich veröffentlichten Studie der Bank mit dem Titel "Nationale Währungen bei gegenseitigen Transaktionen im Rahmen der EAWU: Hindernisse und Perspektiven" wird hervorgehoben, dass in den letzten sechs Jahren der Rubel-Anteil in der Währungsstruktur der Union von 56 auf 75 Prozent wuchs, während der Dollar-Anteil von 35 auf 19 Prozent sank.
Ziel ist Reduktion der ökonomischen Abhängigkeit vom Westen
Dieser Aufstieg des Rubels im EAWU-Raum ist leicht zu erklären: Das Gewicht der russischen Wirtschaft ist im postsowjetischen Raum sehr groß. Moskau verfolgt aber auch im "fernen Ausland" eine Strategie, deren Zweck es ist, einen Übergang zu Handelsabrechnungen in Nationalwährung zu ermöglichen – um die ökonomische Abhängigkeit vom Westen zu reduzieren. Im Moment erfolgen ca. 70 Prozent aller Transaktionen im Handel weltweit in Dollar. Auf den Euro entfallen weitere 20 Prozent. Im russischen Außenhandel beträgt der Dollar-Anteil ebenfalls fast 70 Prozent.
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Der Rubel bleibt bislang noch "eine exotische Alternative", so der Finanzexperte aus der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst beim Präsidenten der Russischen Föderation, Sergej Chlestanow, gegenüber RIA Nowosti. Dies sei aber verständlich, schließlich habe sich der Rubelkurs erst seit kurzem stabilisiert. Mit vielen russischen Handelspartnern wie der Türkei, dem Iran oder Ägypten wird über einen Umstieg auf Nationalwährungen bereits intensiv verhandelt.
Noch weiter fortgeschritten ist der Umstieg auf Nationalwährung bei gegenseitigen Abrechnungen unter den BRICS-Staaten: neben Russland sind das Brasilien, Indien, China und Südafrika. Die Russische Bank und Indiens Reserve-Bank haben bereits im Jahr 2009 mit Konsultationen und der Erarbeitung entsprechender Mechanismen in dieser Frage begonnen.
Rubel-Ankauf auf Devisenmärkten derzeit noch kompliziert
Diese zeigen auch schon erste Ergebnisse: Während sich im Jahr 2013 noch 96,6 Prozent der Handelsoperationen zwischen Russland und Indien in Dollar errechneten, waren es im letzten Jahr nur noch 80 Prozent, während 19 Prozent in Rubel bezahlt wurden. Eine ähnliche Entwicklung hat auch den bilateralen russisch-chinesischen Handel erfasst. Im Jahre 2016 bezahlte China 16 Prozent aller russischen Ausfuhren in Rubel.
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Der Haupthinderungsgrund für eine aktive Expansion des Rubels auf den Märkten anderer Staaten sei laut dem Hauptökonomen der Eurasischen Entwicklungsbank, Jaroslaw Losowolik, das Fehlen der direkten Börsennotierungen der in den Handel involvierten Währungspaare:
Im Moment gibt es sie nicht. Russische Währung muss man über Dollar oder Euro kaufen, was zusätzliche Kosten verursacht. Außerdem sollte man Instrumente für das Hedging der Währungsrisiken schaffen", sagte er RIA Nowosti.
Die Ausbreitung der Rubel-Nutzung im bilateralen Handel mit anderen Ländern könnte die erforderlichen Bedingungen für die Anerkennung des Rubels als eine der weltweiten Reservewährungen schaffen, so Chlestanow. Dies sei aber ein sehr langwieriger Prozess. Der US-Dollar brauchte 45 Jahre, bevor er das Britische Pfund vom ersten Platz verdrängen konnte. Deswegen sei auch für den Rubel der Weg zur Reservewährung noch sehr lang. Aber es sei realistisch, über den Rubel als Regionalwährung im Rahmen der EAWU zu sprechen, so Losowolik.
Die Frage ist jedoch, inwieweit der politische Wille sowohl in Russland als auch in den EAWU-Staaten diese Entwicklung fördern kann.