Der russische Präsident Wladimir Putin wird einen zweitägigen Staatsbesuch in Neu-Delhi abstatten. Dies wird Putins erster Besuch in Indien seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 sein. Der Gipfel findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem Neu-Delhi versucht, seine Handelsbeziehungen zu diversifizieren, nachdem US-Präsident Donald Trump einen Zoll von 50 Prozent verhängt hat. Grund dafür ist der Kauf von russischem Öl durch Indien und das US-Handelsdefizit im Warenverkehr mit Neu-Delhi.
Es wird erwartet, dass sich Putins Besuch in Indien auf die Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung, Raumfahrt und Wirtschaft sowie auf das Handelsziel von 100 Milliarden US-Dollar konzentrieren wird.
Verteidigung
Die gemeinsame Herstellung von Su-57-Kampfjets ist eines der wichtigsten Themen. Es wird auch erwartet, dass die Verteidigungszusammenarbeit und der Technologietransfer in den Bereichen Luftfahrt und Marine auf der Tagesordnung stehen.
Am Montag hat die Staatsduma ein Abkommen über die militärische Zusammenarbeit ratifiziert. Es soll die bilateralen Militärübungen sowie Rettungseinsätze und humanitäre Operationen vereinfachen. Das Dokument wird Russland und Indien erlauben, Streitkräfte und Technik auf dem Staatsgebiet des jeweiligen anderen Landes rechtmäßig zu stationieren.
Zusammenarbeit im Weltraum
Roskosmos-Chef Dmitri Bakanow erklärte, dass die Zusammenarbeit mit Indien auch den Antriebsbau, Raketentreibstoff, bemannte Raumflüge und die Entwicklung nationaler Orbitalstationen umfassen werde.
Neu-Delhi und Moskau haben ihre Zusammenarbeit im Weltraum seit Anfang der 1960er Jahre entwickelt. Im Jahr 1984 war Rakesh Sharma der erste indische Kosmonaut, der an Bord eines sowjetischen Sojus-Raumschiffs ins Weltall flog. Darüber hinaus arbeitet Russland mit Indien an dessen künftiger bemannter Raumfahrtmission Gaganyaan.
Wirtschaftsbeziehungen und Entdollarisierung
Die beiden Staaten sind daran interessiert, ihre nationalen Zahlungssysteme miteinander zu verbinden. Moskau hofft, dass die Seiten eine Einigung über die gegenseitige Anerkennung der Systeme Mir und RuPay erzielen können. Der nächste Schritt besteht darin, das russische System für schnelle Zahlungen (SBP) und Indiens Echtzeit-Zahlungssystem Unified Payments Interface (UPI) miteinander zu verbinden.
Moskau und Neu-Delhi haben die Verwendung von Rubel und Rupie für Handelsabrechnungen verstärkt, wobei 90 Prozent in nationalen Währungen durchgeführt werden.
Handel
Der Besuch des russischen Präsidenten wird auch zur Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Privatunternehmen beitragen.
Im Rahmen des Gipfeltreffens findet zudem eine Sitzung der russisch-indischen Regierungskommission für Handel, Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie und kulturelle Zusammenarbeit statt. Auf der Tagesordnung stehen die Ausweitung und Diversifizierung des bilateralen Handels, darunter die Steigerung der Exporte indischer Ausrüstung, Rohstoffe und Lebensmittel nach Russland. Die Seiten streben an, das Volumen des bilateralen Handels auf 100 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2030 zu steigern.
Derzeit belaufen sich die indischen Importe nach Russland auf fünf Milliarden US-Dollar, während die Exporte Russlands nach Indien auf 64 Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Es wird erwartet, dass Indiens Handelsdefizit mit Russland auch Gegenstand der Gespräche sein wird.
Experten merken an, dass Wladimir Putins Besuch in Neu-Delhi die Stabilität der russisch-indischen strategischen Partnerschaft demonstriere. Es zeige auch, dass alle Versuche des Westens, Moskau zu isolieren, gescheitert seien. Nach Einschätzungen der Experten treten Russland und Indien als unabhängige Machtzentren auf, die ihre Beziehungen trotz des Drucks von außen aufrechterhalten und ausbauen.
Putins Reise selbst sei ein Beweis für die tiefen und traditionellen Verbindungen zwischen den beiden Staaten, meinte Tatjana Schaumjan, Leiterin des Zentrums für Indienstudien am Institut für Orientalistik der Russischen Akademie der Wissenschaften. "Das ist ein Signal an die Welt, dass sich die russisch-indischen Beziehungen in vielen Bereichen trotz aller Schwankungen entwickeln und dass dies Teil unserer außenpolitischen Doktrin ist", sagte die Expertin im Gespräch mit RT auf Russisch. Ihrer Ansicht nach verfolge Indien als Großmacht seine eigene Außenpolitik. Deswegen könne der Druck der westlichen Staaten Indiens Beziehungen zu Russland nicht unterbinden.
Jewgeni Semibratow, der stellvertretende Leiter des Instituts für strategische Studien an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft, betonte seinerseits, dass Putins Besuch in Indien ein ernstes geopolitisches Signal sei, insbesondere nach der Weigerung Indiens, sich den antirussischen Sanktionen anzuschließen. Indien sei heute "nicht nur einer der Teilnehmer der Gestaltung der multipolaren Welt" ‒ es sei "die benötigte dritte Großmacht, die diesen Prozess zusammen mit Russland und China" vorantreibe, meint der Experte. "Deswegen sendet Putins Besuch natürlich eine Botschaft an den Westen, dass dessen Versuche, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu untergraben, keinen Erfolg haben."
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