Trotz Unterstützung für Ukraine: Taiwan rangiert ganz vorn bei Importen von Naphtha aus Russland

Naphtha ist eines der wichtigsten Produkte der Öldestillation und dient vor allem der Herstellung von Treibstoffen. Es ist aber auch bei der Halbleiter-Produktion gefragt, wo Taiwan als Spitzenreiter gilt. Trotz aktiver Unterstützung der Ukraine kauft die Insel große Naphtha-Mengen in Russland.

Laut einer Studie des Forschungszentrums für Energie und Saubere Luft (CREA) ist Taiwan zum weltgrößten Abnehmer von Naphtha aus Russland aufgestiegen. Brenzlig ist dabei die Tatsache, dass sich die Regierung in Taipeh nur einen Tag nach dem Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 den westlichen Sanktionen gegen Russland angeschlossen und den Verkauf von High-Tech-Erzeugnissen mit doppeltem Verwendungszweck an die Russische Föderation eingeschränkt hat. Bei Naphtha handelt es sich um eine wichtige Ölfraktion, die vor allem der Herstellung von Treibstoffen und Lösungsmitteln dient. Es wird aber auch bei der Produktion von Halbleitern verwendet, wo die Insel die Führungsposition einnimmt.

Dem am 1. Oktober 2025 veröffentlichten CREA-Bericht zufolge hat Taiwan im ersten Halbjahr 2025 Naphtha aus Russland im Wert von 1,3 Milliarden US-Dollar (1,1 Milliarden Euro) importiert. Die Menge ist also sechsmal so viel wie im Jahr 2022. Seit dem Februar 2022 hat die Insel insgesamt 6,8 Millionen Tonnen Naphtha aus Russland im Wert von 4,9 Milliarden US-Dollar (4,2 Millionen Euro) gekauft. Dies sind 20 Prozent der gesamten russischen Exporte dieser Ölfraktion.

Obwohl Taipeh die Sanktionen gegen Moskau aufrechterhält, hat die Insel den Kauf von Brennstoffen aus dem eurasischen Land nicht reduziert, da sie von Brennstoffimporten stark abhängt. Die Verfasser der CREA-Studie gehen davon aus, dass die taiwanischen Abnehmer dieses Ölprodukt "hoch wahrscheinlich" zu Preisen anschaffen, die "weit oberhalb" der von den G7-Staaten auferlegten Obergrenze liegen. Dabei wird folgende Tatsache festgestellt: Während große Staatsunternehmen ihre Käufe von Gütern aus Russland stufenweise reduziert haben, haben Privatfirmen derartige Käufe signifikant gesteigert. Als Beispiel führt das Forschungszentrum mit Sitz in Helsinki die Gesellschaft Formosa Petrochemical an: Auf den Konzern entfallen jetzt 96 Prozent der Naphtha-Importe aus Russland, wobei er seine Abhängigkeit von dem eurasischen Land von neun Prozent im Jahr 2021 auf 90 Prozent im ersten Halbjahr 2025 gesteigert hat.

Gleichzeitig wird betont, dass es Taiwan gelungen sei, seine Abhängigkeit von Kohle aus Russland im ersten Halbjahr 2025 gegenüber dem Vorjahr um 67 Prozent zu reduzieren. Dennoch importieren private Unternehmen weiterhin Kohle aus Russland, wobei sie im ersten Halbjahr 2025 durchschnittlich 41 Millionen US-Dollar (34,9 Millionen Euro) pro Monat dafür ausgegeben haben.

Der Bericht bereitet Taiwan Sorgen, da US-Präsident Donald Trump kürzlich die Verbündeten seines Landes dazu aufgerufen hat, auf Brennstoffimporte aus Russland zu verzichten. In diesem Zusammenhang kann die große Abhängigkeit der Insel von fossilen Brennstoffen aus der Russischen Föderation eine scharfe Rüge seitens der US-Regierung oder gar sekundäre Sanktionen bescheren.

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