Die USA brauchen russisches Öl für ihre Handelskriege

Washington erwägt eine Lockerung der Sanktionen gegen Moskau, einschließlich der Obergrenze für den Preis für russisches Erdöl. Zugleich bereiten sie einen härteren Schlag gegen die russische Wirtschaft vor. Experten prognostizieren jedoch, dass ein starker Rückgang des Ölpreises nicht zu erwarten sei.

Von Olga Samofalowa

Einerseits wurde im US-Kongress ein Gesetzentwurf eingebracht, der einen härteren Schlag gegen den russischen Banken- und Energiesektor vorsieht, falls die Verhandlungen hinsichtlich der Ukraine scheitern. Andererseits versichern westliche Medien unter Berufung auf Quellen, dass die USA eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland erwägen, einschließlich der Obergrenze für den Preis für russisches Erdöl. Nähere Angaben dazu liegen allerdings nicht vor.

Wenn es um die Anhebung der Preisobergrenze von 60 auf 70 US-Dollar pro Barrel geht, dann wird dieser Schritt der USA nichts am Markt ändern. Denn die Höhe der Obergrenze ist im Grunde genommen unwichtig: Die Tanker, die aus Angst vor Sekundärsanktionen kein russisches Öl transportiert haben, werden dies auch weiterhin nicht tun, und die Tanker der Schattenflotte, die das russische Erdöl transportiert haben, werden dies auch weiterhin tun, meinen Experten. Allein die Existenz einer Preisobergrenze ist unabhängig von der konkreten Zahl ein Hindernis und verursacht zusätzliche Kosten für die russischen Erdölproduzenten, da der Transport durch die Schattenflotte teurer ist. Igor Juschkow, Experte an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation und des russischen Nationalen Energiesicherheitsfonds, meint:

"Die Anhebung der Preisobergrenze könnte jedoch ein wichtiger symbolischer Schritt sein, der zeigt, dass sich die USA auf eine weitere Lockerung der Sanktionen in größerem Umfang zubewegen. Irgendwo muss man ja anfangen."

Die USA waren die ersten, die bereits im März 2022 ein Verbot für US-Unternehmen erlassen haben, Erdöl, Erdölprodukte, Erdgas und Kohle aus Russland zu kaufen. Die EU tat dies erst viel später. Und nun lautet die große Frage: Werden die USA so weit gehen, dieses Verbot aufzuheben? Juschkow sagt:

"Ich denke, wenn mehrere Faktoren zusammentreffen, können wir mit der Aufhebung dieser Sanktionen rechnen. Erstens, wenn der Verhandlungsprozess gut verläuft und die Parteien eine Art von Friedensabkommen unterzeichnen. Zweitens, wenn die Vereinigten Staaten den Handelskrieg mit Mexiko und Kanada, den größten Erdöllieferanten der USA, fortsetzen und gleichzeitig Druck auf Venezuela und den Iran ausüben. Dann könnte Washington sich Russland annähern, um seinen Nachbarn zu zeigen, dass es alternative Öllieferanten hat. Drittens wird dies ein wichtiger Schlag für China sein. Die Vereinigten Staaten werden zeigen, dass sie nur dann bereit sind, russisches Erdöl zu kaufen, wenn Russland nicht so aktiv mit China zusammenarbeitet und den globalen Konkurrenten der USA nicht stärkt."

Bis zum Jahr 2022 waren russische Erdöllieferungen in die USA nicht so bedeutend wie die in die EU, die bisher keine Pläne zur Aufhebung ihrer Verbote hegt. Vor dem Hintergrund der Konflikte der USA mit anderen Schweröl-Lieferanten könnten die russischen Lieferungen jedoch an Bedeutung gewinnen.

Für Russland wäre es natürlich von größerer Bedeutung, die Sanktionen gegen die Lieferung von Ausrüstungen für Erdölfelddienste, Bohrungen und die Raffinerieindustrie aufzuheben. Juschkow erklärt:

"Das Problem ist, dass auch die Europäische Union die Einfuhr von Ölraffinerieausrüstungen nach Russland verboten hat. Wenn also die USA ihren Unternehmen erlauben, diese Ausrüstungen nach Russland zu liefern, wäre das ein zusätzlicher Schlag für die US-amerikanisch-europäischen Beziehungen."

Schließlich ist es für die russische Erdölindustrie auch wichtig, die Sanktionen gegen die Banken aufzuheben und die Verwendung des US-Dollar zuzulassen, wodurch die Kosten für den Export-Import-Geldverkehr sinken, die Erdölindustrie effizienter wird und mehr Steuern in den Haushalt fließen.

Es ist jedoch schwer zu sagen, wann und welche Sanktionen aufgehoben (eingefroren) werden. Und ebenso schwer ist es vorherzusagen, wie viel das Erdöl in diesem Jahr kosten wird.

In der vergangenen Woche fiel der Preis für das Rohöl der Sorte Brent mit 68,33 US-Dollar pro Barrel auf den tiefsten Stand seit Ende 2021. Experten heben zwei wesentliche Gründe hervor. Erstens die anhaltenden Handelskriege der USA, die Zölle auf Mexiko, Kanada, China und sogar Europa erheben. Juschkow argumentiert:

"Zölle können zu einer Verlangsamung der Weltwirtschaft führen, denn wenn ein Rohstoff teurer wird, wird weniger gekauft – also wird weniger Energie benötigt, um ihn zu produzieren und zu transportieren. Unter diesen unsicheren Bedingungen versucht jeder, in die Trickkiste zu greifen und unter anderem Erdöl-Futures zu verkaufen."

Der zweite Grund für den Preisrückgang ist die Ankündigung der OPEC+, die Produktion ab dem 1. April zu erhöhen. Das heißt, einerseits besteht die Gefahr eines Rückgangs der Ölnachfrage, andererseits besteht die Gefahr einer Erhöhung des Ölangebots, was zu einer Überproduktion führen kann. Es ist logisch, dass die Preise sinken.

Diese beiden Faktoren können sich jedoch im Handumdrehen ändern. Zum Beispiel könnte Trump sich mit Mexiko und Kanada einigen und die Zölle erneut aussetzen. Oder die OPEC+ könnte die für den 1. April geplante Produktionserhöhung verschieben. Das Kartell wollte dies bereits am 1. Oktober 2024 tun, sagte es aber ab. Aus diesem Grund ist es äußerst schwierig, derzeit Prognosen zum Erdölpreis abzugeben. Die Situation ist äußerst unsicher und kann sich schnell ändern.

"Einerseits sagt Donald Trump, er werde Venezuela und den Iran unter Druck setzen, andererseits behauptet er, er könne mit dem Iran verhandeln. Dann sagt er, er brauche einen Erdölpreis von 30 US-Dollar, dann erklärt er, er wolle die Produktion innerhalb der USA ausbauen, und dafür brauche er hohe Preise. Weiter heißt es, die Vereinigten Staaten würden die härtesten Sanktionen verhängen, und dann verkünden sie, Russland sei in Ordnung und die Sanktionen könnten abgemildert werden. Jeden Tag werden sehr widersprüchliche Aussagen gemacht, sodass ich im Moment selbst die extremsten Szenarien nicht ausschließen würde. Trump kann den Druck auf Russland radikal erhöhen und die Erdölexporte aus unserem Land tatsächlich einschränken. Oder umgekehrt – er kann parallel zum Verhandlungsprozess zur Lösung der Situation in der Ukraine beginnen, die Sanktionen konsequent aufzuheben. Ich würde den Einsatz eines (US-amerikanischen) trojanischen Pferdes in Form von Ungarn in der Europäischen Union nicht ausschließen, das die Verlängerung der antirussischen Sanktionen blockieren könnte."

Bislang erwarten die Experten jedoch (wenn man von Extremszenarien absieht) keinen weiteren Rückgang der Ölpreise. Marina Nikischowa, Chefvolkswirtin der Analyseabteilung der Bank Senit, erklärt:

"Wir gehen nicht davon aus, dass sich der Ölpreis unter 70 US-Dollar pro Barrel konsolidieren wird. Die OPEC hat deutlich gemacht, dass sie die Produktion anpassen wird, falls die Preise für die Allianz 'unbequem' werden. Darüber hinaus erhöht die US-Regierung den Sanktionsdruck auf den iranischen Öl- und Gassektor, der mit einem Rückgang der iranischen Produktion um 1,2 bis 1,5 Millionen Barrel pro Tag zu kämpfen hat. Außerdem kündigten die USA an, Chevron die Lizenz für die Förderung und den Verkauf von venezolanischem Öl zu entziehen, wodurch rund 200.000 Barrel pro Tag vom Markt verschwinden werden."

Auch Nikolai Dudtschenko, Analyst bei der Finanzgesellschaft Finam, geht nicht von einem starken Rückgang des Erdölpreises aus:

"Wir rechnen nicht mit einem weiteren starken Rückgang des Ölpreises, auch wenn die Entscheidung der OPEC+ das Angebot erhöhen wird und die protektionistische Politik der USA die Nachfrage unter Druck setzen könnte. Wir glauben, dass der Durchschnittspreis für Brent-Öl in diesem Jahr zwischen 70 und 80 US-Dollar pro Barrel liegen wird, aber wir schließen nicht aus, dass er näher bei 70 US-Dollar pro Barrel liegen wird."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 11. März 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.

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