Der schwer angeschlagene US-Flugzeugkonzern Boeing zieht die Reißleine und wechselt sein Spitzenpersonal aus. Der 66-jährige CEO Dave Calhoun stand zuletzt schwer in der Kritik für den Umgang des Unternehmens mit dem Vorfall vom 5. Januar dieses Jahres, als bei einer fast neuen 737 Max 9 im Flug ein Rumpfteil herausbrach.
Nun kündigte er seinen Rücktritt an. Calhoun sagte gegenüber dem Sender CNBC:
"Die Entscheidung zum Rücktritt war ganz allein meine Entscheidung."
Er werde bei der Suche nach einem Nachfolger helfen, so Calhoun weiter. Mit ihm gehen auch Verwaltungsratschef Larry Kellner und der Chef der Verkehrsflugzeugsparte, Stan Deal.
Die Aufgaben von Deal werden künftig von Stephanie Pope übernommen. Steve Mollenkopf sei als neuer Aufsichtsratschef nominiert worden, hieß es weiter. Boeing reagiert damit auf schwere Kritik von Fluggesellschaften an seinem Umgang mit den jüngsten Sicherheitsproblemen beim Bestseller 737 Max.
An der Börse wurde die Rücktrittsankündigung positiv aufgenommen: Die Aktie legte im vorbörslichen Handel 2,8 Prozent zu.
Bei dem Unfall im Januar war wenige Minuten nach dem Start in 4.900 Metern Höhe ein türgroßes Stück der Kabinenwand herausgebrochen. Das Flugzeug konnte sicher zum Flughafen in Portland im US-Bundesstaat Oregon zurückkehren, Menschen wurden nur leicht verletzt.
Bei Kontrollen wurden allerdings auch in anderen Maschinen lose Teile und lockere Schrauben entdeckt, was Zweifel an der Konstruktion und dem Zulassungsverfahren des Boeing-Kassenschlagers weckte.
In den Blickpunkt geraten ist in diesem Zusammenhang der Rumpfzulieferer Spirit AeroSystems, den Boeing nun wieder selbst übernehmen will. Calhoun sagte, er hoffe, dass es bald zu einem Abschluss kommen werde.
Boeing-Finanzchef Brian West erklärte:
"Jahrelang haben wir einer schnellen Produktion der Flugzeuge vor der Qualität Priorität eingeräumt, und das muss sich nun ändern."
Die Sicherheitsmängel schrecken Kunden ab und hinterlassen inzwischen tiefe Spuren in der Bilanz. Zuletzt konnte der europäische Rivale Airbus Aufträge über 65 Flugzeuge bei zwei wichtigen Boeing-Kunden in Asien erzielen.
Calhoun gilt als erfahrener Krisenmanager. Er hatte 2020 den Spitzenposten bei Boeing übernommen und sollte den Flugzeugkonzern nach dem Absturz zweier Flugzeuge mit mehr als 300 Toten und dem darauffolgenden Flugverbot für die 737 Max wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen.
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