300 Kandidaten müsse man ansprechen, um eine Führungsposition in der Rüstungsindustrie zu besetzen, klagte eine Headhunterin gegenüber dem Handelsblatt. Und das, obwohl sich "das Image der Branche im Vergleich zu früher deutlich verbessert" habe – wirklich sympathisch scheinen mögliche Beschäftigte es dennoch nicht zu finden, Raketen und Granaten zu ihrem Lebenswerk zu machen.
IT-Experten und hoch spezialisierte Ingenieure würden besonders gesucht, so das Blatt. Und die Rüstungsfirmen selbst sich als völlig unschuldig betrachten:
"Aufgrund der Kriege in der Ukraine und Israel steigt natürlich schon die Zahl der Auftragseingänge. Als Krisenprofiteure sehen wir uns allerdings nicht", meinte der Chef von Airbus Defence. Nur die Aktien der Rüstungsfirmen stiegen gewaltig, die von Rheinmetall von einem Tief um die 30 Euro im Jahr 2014 inzwischen auf ganze 400 Euro. Hier sollen vor allem die Kapazitäten für die Pulverproduktion ausgebaut werden.
Auch MBDA will die Produktion erweitern. Eine Order für 1.000 Patriot-Raketen von der NATO liegt bereits auf dem Tisch. Thyssen-Krupp baut neue U-Boote, und Hensoldt verspricht sich gute Geschäfte mit spezialisierten Radarsystemen. Aber auch hier fehlen vor allem Ingenieure.
Allerdings sind diese Lücken nicht durch Import aus beliebigen Ländern zu stopfen. Dafür sorgen schon die Sicherheitsanforderungen. Man dürfte davon ausgehen, dass selbst die im Vergleich hoch ausgebildeten ukrainischen Migranten spätestens an dieser Hürde scheitern. Die in Deutschland lang und gern betriebene Strategie, ausgebildete Kräfte aus anderen Ländern zu holen, stößt in diesem Bereich auf eine unüberwindbare Hürde.
Die Stellenzuwächse in diesem Sektor halten sich übrigens insgesamt dennoch in sehr engen Grenzen. Das Handelsblatt spricht von "niedrigem zweistelligem Bereich" bei Rheinmetall, also bestenfalls zwischen zwei- und dreitausend Arbeitsplätzen; bei Thyssen-Krupp Marine Systems sollen es 550 Stellen sein, bei Hensoldt 300, bei MBDA 300 und bei KNDS, der Fusion der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann und Nexter, ganze 500. Das sind in Summe vielleicht 5.000 Arbeitsplätze; weit weniger, als bereits jetzt schon durch die Folgen der Sanktionspolitik in anderen Branchen verloren gegangen sind.
Allerdings wird aus einem Ingenieur, der Automobilteile entwickelt hat, kaum einer, der Radarsysteme konstruiert. Man kann also auch noch davon ausgehen, dass selbst die meisten derer, die ihre Arbeit schon verloren haben oder verlieren werden, von dieser Art des Wachstums wenig haben werden.
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