Der Vorstandsvorsitzende der zweitgrößten Bank Russlands, VTB, traf am Montag mit dem russischen Präsidenten zusammen, um mit ihm über den Zustand des Bankensektors zu sprechen. Andrei Kostin bezeichnete die von der EU und den USA verhängten Sanktionen als "absolute Gesetzlosigkeit" und räumte ein, dass die VTB erhebliche Verluste erlitten habe, als ihre Auslandsfilialen und Tochtergesellschaften beschlagnahmt und liquidiert worden seien. Inzwischen habe sich die Bank aber wieder erholt. Das laufende Jahr sei nicht nur für die VTB, sondern für die gesamte Branche "äußerst erfolgreich" gewesen.
Laut Kostin erwartet die VTB in diesem Jahr einen Rekordgewinn von 420 Milliarden Rubel (rund 4,3 Milliarden Euro). Nach dem Wegfall der westlichen Märkte sei es der Bank gelungen, "schnell wieder aufzubauen", indem sie sich auf den heimischen Markt und sogenannte befreundete Länder konzentriere, die sich den westlichen Sanktionen nicht angeschlossen hätten, erklärte Kostin. Als Beispiel nannte er die VTB-Filiale in Shanghai, die die einzige russische Bank in China sei und ihren Umsatz innerhalb eines Jahres voraussichtlich verdoppeln werde. "Das zeigt einmal mehr, dass wir nicht isoliert sind. Wir sind sehr aktiv im Zahlungsverkehr in Landeswährung mit befreundeten Ländern, trotz aller möglichen Sekundärsanktionen", sagte Kostin.
Wladimr Putin betonte, Russlands Missgönner hätten nicht damit gerechnet, dass der Bankensektor des Landes "die von außen verursachten Schwierigkeiten" so gut meistern würde. "Sie haben nicht bedacht, dass eine Bank nicht nur ein Geldspeicher ist, sondern ein Teil der Wirtschaft. Der Bankensektor spiegelt den Zustand der gesamten Wirtschaft wider", erklärte er.
Für das kommende Jahr rechnet Kostin allerdings mit Einschnitten: "Ich muss sagen, dass wir im nächsten Jahr dennoch mit einem Rückgang des Wachstums im Bankensektor und unserer Einnahmen rechnen, weil die Zentralbank antiinflationäre Maßnahmen ergriffen hat: Erhöhung der Zinsen, Einschränkung der Kreditvergabe", sagte er.
Zu Beginn des Treffens berichtete Kostin auch über die Lage in der Schiffbauindustrie. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die sogenannte Vereinigte Schiffbaugesellschaft. Der russische Staatschef hatte im August angekündigt, das Unternehmen unter die Leitung der VTB zu stellen. Anfang Oktober wurden alle Anteile des Unternehmens für fünf Jahre in die Treuhandverwaltung der VTB überführt.
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