Wirtschaftsranking: Nichts zu danken, Habeck!

Ein Ranking des IWF macht in den sozialen Netzwerken Furore. Demnach habe die deutsche Wirtschaft angeblich Japan überholt und liege jetzt auf dem dritten Platz hinter China. Dies sei die Leistung Habecks. Das Problem: die Zahlen sind irreführend und wenig aussagekräftig.

Unter dem Hashtag #DankeHabeck verbreitet sich auf X (vormals Twitter) viral die Nachricht, Deutschland habe Japan hinsichtlich des Bruttoinlandsprodukts überholt und sei jetzt angeblich zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Quelle für diese vermeintliche Erfolgsmeldung ist der Internationale Währungsfonds (IWF). Der IWF veröffentlichte ein Ranking mit nominalen Angaben zum BIP in US-Dollar. Demnach liegt Deutschland mit einem Bruttoinlandsprodukt von 4,4 Billionen US-Dollar hinter China, aber vor Japan. Das Bruttoinlandsprodukt von China wird mit 17,7 Billionen US-Dollar angegeben, das von Japan nur mit 4,2 Billionen US-Dollar. 

Das sieht alles auf den ersten Blick ganz prima aus. Nur Miesepeter können demnach behaupten, Deutschland ginge es derzeit wirtschaftlich schlecht! So twittert beispielsweise der Abgeordnete Michael Bloss vom Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament unlängst, Deutschland habe doch Japan als Volkswirtschaft hinter sich gelassen. Die Alarmmeldungen über eine Deindustrialisierung Deutschlands seien falsch. Es sehe langfristig alles gut aus.

Nun weiß man spätestens seit dem Ökonomen John Maynard Keynes, dass langfristig nur gilt, dass wir alle tot sein werden. Dass dieses Ranking unter den Anhängern der Grünen gefeiert wird, macht vor allem eines klar: Es herrscht in diesem Kreis ein Mangel (auch) an ökonomischer Bildung.

Die nominalen Zahlen in US-Dollar sagen über die reale Stärke einer Volkswirtschaft genau eines aus: gar nichts. Der in vielen weiteren jubelnden Tweets verlinkte Artikel macht sogar auf eines der grundlegenden Probleme aufmerksam, warum das so ist: Der Wechselkurs schwankt. Deutschland hat Japan nur rechnerisch aufgrund des momentanen Wechselkurses hinter sich gelassen, nicht aufgrund plötzlich gesteigerten Wachstums.

Deutschland befindet sich in diesem Jahr in einer Rezession, nicht Japan. Japan wächst 2023 real um voraussichtlich 1,6 Prozent, die deutsche Wirtschaft schrumpft um geschätzte 0,6 Prozent. Schon vor diesem Hintergrund sind die Tweets entlarvend. Dass eine schrumpfende Wirtschaft eine wachsende überholen kann, scheint man im grünen Milieu tatsächlich gern zu glauben. Für den Beleg pickt man sich einfach heraus, was irgendwie gut klingt, auch wenn es gar keine positive Aussagekraft hat. 

Weil der Vergleich in nominalem BIP in US-Dollar wenig sinnvoll ist, gibt es einen weiteren, kaufkraftbereinigten Indikator. Vergleicht man die Volkswirtschaften nach kaufkraftbereinigtem BIP, dann sieht das Ranking gleich ganz anders aus. Nach Angaben der Weltbank hat Russland dann im Jahr 2022 Deutschland überholt. Man kann sich dort mehr leisten. Deutschland liegt im Weltbank-Ranking der Länder auf Platz 6 hinter Russland und Japan. Der Internationale Währungsfonds sieht Deutschland hier zwar weiterhin noch auf Platz 5, lediglich dicht gefolgt von Russland, aber mit deutlichem Abstand hinter Japan.

Dabei ist ein weiteres Absinken Deutschlands im internationalen Vergleich zu erwarten. Deutschland hat mit den Sanktionen gegen Russland sein erfolgreichstes Geschäftsmodell verloren. Das basierte auf günstig importierten russischen Energieträgern, dank derer eine energieintensive und auf Export orientierte deutsche Industrie ihre Produkte auf dem internationalen Markt, vor allem aber im Euroraum, zu vergleichsweise günstigen Preisen anbieten konnte. 

Hinzu kommen inzwischen steigende Zinsen im Euroraum, die sich bremsend auf die Investitionstätigkeit auswirken. Weiterhin gibt es die Bereitschaft deutscher Politiker, nun auch noch in einen Handelskrieg mit China einzusteigen. Gleichzeitig brechen Teile des für Deutschland wichtigen US-Marktes weg. Denn die USA schirmen ihre Wirtschaft mit dem Inflation Reduction Act generell vor ausländischen Produzenten ab – mit dem Ziel, Arbeitsplätze in die USA zurückzuverlegen. 

Vor diesem Hintergrund wirkt das Tag #DankeHabeck bestenfalls als ökonomisch naiv zu bewerten. Angesichts all der Risiken und des Beharrens von Habeck auf der Sanktions- und Konfrontationspolitik in blinder Gefolgschaft zu den USA gibt es absolut nichts zu danken. Das wirtschaftliche Schicksal Deutschlands ist besiegelt.

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