Von Timur Fomenko
Angesichts der anhaltenden Konjunkturabschwächung Chinas, lautet eine der kürzlich geäußerten Prognosen für die weitere Entwicklung dieses Landes, dass China in eine "Japanisierung" schlittern könnte.
Dieser Begriff bezieht sich auf die jüngere Wirtschaftsgeschichte Japans, das seit den 1990er-Jahren eine relative wirtschaftliche Stagnation erlebte und dessen aktuelles BIP weiterhin unter dem von 1995 liegt. Diese Episode wird oft als Japans "verlorenes Jahrzehnt" bezeichnet. Obwohl sich das Land im ersten Jahrzehnt der 2000er-Jahre erholte, brach seine Wirtschaft im Chaos der Atomkatastrophe von Fukushima erneut ein und hat sich seitdem nie wirklich erholt. Als Gründe für diese schlechte wirtschaftliche Leistung werden unter anderem die hohe Staatsverschuldung, eine Vermögensblase und eine niedrige Inflation genannt.
Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten Chinas, ist es unvermeidlich, dass seine Situation nun mit jener von Japan verglichen wird. Aber es steckt noch mehr dahinter, denn der Beginn des Niedergangs von Japan war nicht nur das Ergebnis einer schlechten Wirtschaftspolitik, sondern auch der Geopolitik.
Ähnlich wie die USA heute China betrachten, galt Japan einst als ein wirtschaftlicher Konkurrent, den es niederzuhalten galt, bevor er die USA an wirtschaftlicher Größe überholen konnte. Dies geschah mit dem Plaza-Abkommen von 1985, das den US-Dollar gegenüber anderen Währungen, einschließlich des Yen, künstlich schwächen sollte, um das US-Handelsdefizit zu reduzieren – und genau das haben die USA dann durchgedrückt. Seitdem hat sich Japan von einer Wirtschaft der Zukunft zu einer Wirtschaft der Stagnation entwickelt. Und nun hoffen die USA, den Aufstieg Chinas auf ähnliche, wenn auch kontroversere Weise, einzudämmen.
Erstens, egal ob Freund oder Feind, verabscheuen die USA jedes Land, das größer ist als sie selbst und betrachten jeden Emporkömmling als potenzielle Bedrohung für die amerikanische Vorherrschaft über die strategisch wichtigsten High-End-Güter und Technologien der Welt. In den 1980er-Jahren erlebte Japan einen wirtschaftlichen Aufschwung, der jenem in China der vergangenen Jahre ähnelte. China stieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf und stand kurz davor, die USA zu überholen. Im Jahr 1995 erreichte Japans BIP einen Höchststand von 5,4 Billionen US-Dollar, verglichen mit 7,6 Billionen US-Dollar in den USA.
Im vorangegangenen Jahrzehnt machte man sich in den USA große Sorgen über den Aufstieg Japans und man begann damit, über die Medien Angst vor Japan zu schüren, indem man ein "wirtschaftliches Pearl Harbor" heraufbeschwor und – überraschenderweise – viele der propagandistischen Maßnahmen anwendete, die heute gegen China angewendet werden. Zu den gegen Japan erhobenen Vorwürfen gehörten "unfaire Handelspraktiken" und "Diebstahl von geistigem Eigentum" – Vorwürfe, die heute gegen China im Raum stehen. Das Ergebnis war, dass die USA damit begannen, gegen japanische Unternehmen vorzugehen und protektionistische Maßnahmen zu ergreifen, um japanische Güter vom US-amerikanischen Markt zu verdrängen, während man gleichzeitig einen besseren Zugang zum japanischen Markt forderte.
Dann, im Jahr 1985, kapitulierten Tokio und eine Reihe anderer Länder vor den Forderungen der USA und das Plaza-Abkommen wurde besiegelt. Der US-Dollar wurde gegenüber dem japanischen Yen zwangsweise abgewertet, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit Japans untergraben wurde. Im Laufe des darauffolgenden Jahrzehnts hatte dies einen kumulativen Effekt, da japanische Güter teurer wurden und die weltweiten Importeure vor ihnen zurückschreckten. Die Zentralbank des Landes versuchte, den Wert des Yen niedrig zu halten, was zu einer Börsenblase führte, die dann platzte und das Land in eine Rezession stürzte. Der Beginn des "verlorenen Jahrzehnts".
Die USA haben den Aufstieg Japans effektiv niedergerungen. Dies gelang ihnen jedoch nur, indem sie Tokio dazu gedrängt haben, einer wirtschaftlichen Demütigung zuzustimmen. Die USA möchten heute eine ähnliche "wirtschaftliche Unterwerfung" Pekings erreichen, jedoch mit einer zusätzlichen militärischen Dynamik. Washington will den chinesischen Markt für US-amerikanische Unternehmen aufteilen und gleichzeitig im In- und Ausland systematisch den Erfolg chinesischer Unternehmen untergraben. Man hofft auch, dass China im Gegenzug auf eine Weise reagieren wird, die sein eigenes Wirtschaftswachstum bremst und damit sein eigenes "verlorenes Jahrzehnt" einläutet.
Der entscheidende Punkt dabei ist, dass die USA nicht dulden wollen, dass rivalisierende Volkswirtschaften gedeihen. Der japanische Staat der Nachkriegszeit war wirtschaftlich erfolgreich, aber es wurde ihm nie ermöglicht, so weit zu wachsen, dass er die Kontrolle der USA über ihn abschütteln konnte. In ähnlicher Weise haben die USA Maßnahmen ergriffen, um die Autonomie und den Wohlstand Deutschlands zu lähmen, insbesondere durch Ausnutzung des aktuellen Ukraine-Konflikts. China wird natürlich sowohl als wirtschaftlicher Konkurrent als auch als militärischer Gegner betrachtet, und als solcher besteht in Washington kein Wohlwollen für den Aufstieg Chinas. Ein "japanisiertes" China ist eines, das den Interessen der USA zugutekommt, das weniger wettbewerbsfähige Güter herstellen kann und daher gezwungen sein wird, mehr US-amerikanische Güter einzuführen.
Aus dem in Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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