Deutschland steht nach Ansicht der staatlichen Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) am Rande einer wirtschaftlichen Zeitenwende zum Negativen. Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise in Deutschland sei das Fundament für weiteres Wohlstandswachstum am Bröckeln, heißt es in einer neuen KfW-Analyse, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vorab berichtet. Demnach werde jene verhängnisvolle Dynamik vor allem durch den zunehmenden Fachkräftemangel sowie die schwache Produktivitätsentwicklung in den Unternehmen begünstigt. Wenn sich daran nichts ändere, warnen die Ökonomen, würde Deutschland noch in diesem Jahrzehnt in eine "Ära anhaltend stagnierenden, womöglich schleichend schrumpfenden Wohlstands" eintreten.
Eine solche Entwicklung könne zudem den Kampf um bereits jetzt schon knappe Ressourcen weiter anfachen. Um deren Nutzung und Verteilung seien laut dem KFW-Bericht zunehmende Konflikte zu erwarten. Angesichts der trüben Aussichten sei Deutschland mit Problemen historischen Ausmaßes konfrontiert, warnte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib im Gespräch mit der FAZ. "Die Kombination von langfristig schrumpfendem inländischem Arbeitskräfteangebot und schwacher Produktivitätsentwicklung stellt eine einzigartige Herausforderung dar, die so in der Nachkriegszeit für uns neu ist", erklärte die Ökonomin.
Um womöglich doch noch eine Misere abwenden zu können, schlagen die Fachleute der Förderbank drei Maßnahmen vor: erstens mehr Menschen in Deutschland in Arbeitsverhältnissen einstellen, zweitens mehr [qualifizierte] Zuwanderer ins Land locken und drittens die Arbeitsproduktivität weiter steigern. Jedoch könne keines dieser Mittel allein als Notbehelf das Problem insgesamt lösen, betonen die KfW-Analysten in dem Bericht. So müsse die Nettozuwanderung etwa von derzeit rund 330.000 Personen auf 1,8 Millionen Zuwanderer im Jahr steigen, um den Wohlstandsverlust doch noch abwenden zu können. "Eine Nettozuwanderung in dieser Größenordnung" sei jedoch andererseits "unrealistisch", heißt es in der Studie.
Die KfW empfiehlt stattdessen eine Kombination mehrerer Maßnahmen zur Prävention. Auf die Erwerbsquote könne sich beispielsweise zusätzlich positiv der schrittweise Abbau aller immer noch bestehenden kulturellen und finanziellen Hürden für Frauen auswirken. Laut Köhler-Geib seien es vor allem jene Hürden, die viele Frauen bislang daran hinderten, einen größeren Zeitanteil berufstätig zu sein. "Eine Reform des Ehegattensplittings, die eine Arbeitsaufnahme für beide Ehepartner finanziell attraktiv macht, würde die Fehlanreize verringern."
Hinsichtlich der offenkundig bestehenden Probleme bei der Integration von Zuwanderern in den deutschen Arbeitsmarkt sei es nach Ansicht der KfW hingegen förderlich, etwa schnellere Deutschkurse anzubieten, damit die Zuwanderer im Beruf rascher Fuß fassen können. Außerdem müsse die Anerkennung von den im Ausland bereits erworbenen Abschlüssen erleichtert und der Integrationsprozess produktiver werden, etwa durch Bürokratie-Abbau und Innovationsförderung.
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