Zugegeben, die Nachricht ist nicht ganz neu. Seit dem Sommer und Herbst 2021 gab es immer wieder Berichte über den geplanten Abbau von Lithium im Erzgebirge. Doch nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen, wie verschiedene Meldungen der letzten Tage nahelegen. Demnach plant Elon Musk, der PayPal-, SpaceX- und Tesla-Unternehmer, die Förderung des Metalls im Osterzgebirge aufzunehmen.
Lithium wird für die meisten Akkus von Elektro- und Elektronikgeräten benötigt, und jetzt erst recht nach dem staatlich propagierten Umstieg auf (individuelle) Elektromobilität im Fahrzeugbau. Dem Metall kommt daher eine zentrale Bedeutung für die Produktion von E-Autos zu. Bis zum Jahr 2035 könnte der Bedarf auf das Doppelte der heutigen Produktion steigen, wie eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) vor einem Jahr prognostizierte. Diesen Schätzungen hat sich auch das sächsische Wirtschaftsministerium angeschlossen.
Nicht erst seit den Auswirkungen der "Corona-Maßnahmen" auf die – insbesondere weltweiten – Lieferketten stehen die deutsche wie die europäische Industrie vor der Aufgabe, eine möglichst krisenfeste Rohstoffzufuhr sicherzustellen, um sich von ausländischen Quellen unabhängig zu machen.
Lithium aus dem Osterzgebirge
Im sächsischen Freiberg, am Nordrand des Erzgebirges, ist das Unternehmen Deutsche Lithium GmbH angesiedelt, ein Tochterunternehmen der britischen Zinnwald Lithium Plc. Aber nicht dort, sondern weiter südöstlich, eben in Zinnwald, direkt an der tschechischen Grenze, soll ab dem Jahr 2025 das sächsische Lithium gefördert werden. Es soll ein Bergwerk und eine chemische Anlage zur Aufbereitung der Lithiumerze errichtet werden. Die Rede ist von bis zu 250 Arbeitsplätzen und der Einhaltung hoher sozialer und ökologischer Standards.
Die Lithium-Erkundung des Erzgebirges begann bereits im Jahr 2010. Mit geschätzten 125.000 Tonnen beherbergt die deutsch-tschechische Grenzregion eines der größten Vorkommen des Alkalimetalls in Europa und könnte den Rohstoff für bis zu 20 Millionen Akkus von Elektroautos liefern.
Konkret scheint sich eine Arbeitsteilung bei der Gewinnung des begehrten Metalls abzuzeichnen. Während die Deutsche Lithium für den eigentlich Abbau des Erzes zuständig sein wird, könnte der Milliardär Elon Musk in die notwendige Logistik investieren. Denn nicht nur vor Ort müssen für die Förderung und Verarbeitung enorme Transportleistungen erbracht werden. Darüber berichtete das Portal Cleanthinking unter Berufung auf einen Bericht der Sächsischen Zeitung. Auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland hat das Thema aufgegriffen.
Bisher nur Gerüchte über Pläne von Elon Musk
Zwar wurden der Presse, wie den Berichten zu entnehmen ist, bisher nur Insider-Informationen zugespielt, die noch nicht bestätigt sind, aber einer gewissen Plausibilität nicht entbehren.
Wie die Firma Deutsche Lithium auf ihrer Webseite über das Projekt schreibt, soll der Zugang zum Bergwerk an der deutsch-tschechischen Grenze über eine mehr als zwei Kilometer lange schräge Rampe erfolgen, die im Nachbarort Altenberg endet. Dort würde die mechanische Aufbereitung der Erze stattfinden. Um letztlich die vermuteten 125.000 Tonnen Lithium in Zinnwald zu gewinnen, müssten jährlich 570.000 Tonnen Lithiumerze abgebaut und transportiert werden. Daraus könnten wiederum 125.000 Tonnen Zinnwaldit-Konzentrat gewonnen werden, die dann weiter aufbereitet werden müssen. Das Abbaufeld schätzt die Firma auf eine Kapazität von etwa 35,5 Millionen Tonnen Erze insgesamt.
Ob nun Musk direkt in den Transport der Lithiumerze einsteigt – noch ist die Rede davon, dass eine dritte Firma den Zuschlag dafür erhalten soll – oder indirekt an der Logistik verdienen wird, ist noch unklar. So ist auch die Rede davon, dass das Tunnelbohr-Unternehmen "The Boring Company", das ebenfalls dem Milliardär gehört, eine entscheidende Rolle für die Erschließung der sächsischen Lithiumvorkommen spielen könnte. Diese Firma, die das Bohren von Tunneln schneller und billiger machen will, würde dann den langen unterirdischen Stollen graben, durch den die Erze an das Tageslicht gebracht werden sollen.
Vorteile und neue Risiken
Wie auch immer im Einzelnen die technischen und logistischen Konzepte vor Ort am Ende umgesetzt werden, Elon Musk dürfte ein massives Interesse daran haben, in das Geschäft mit Lithium einzusteigen. Die Beteiligung an der Logistik hätte sicher enorme (Kosten-)Vorteile für seine bereits angelaufene Produktion von E-Autos in Grünheide bei Berlin. Aber nicht nur die Logistik hätte Musk der Konkurrenz voraus, sondern auch den Zugriff auf den begehrten Rohstoff.
Um sein Lithium-Projekt voranzutreiben, könnte Elon Musk noch im Juni nach Sachsen kommen. Vielleicht auch deshalb, um ein weiteres Problem auszuräumen, das seiner Beteiligung an der Lithium-Förderung ähnlich gefährlich werden könnte, wie die wasserrechtliche Genehmigung bei der Errichtung seiner Autofabrik in Brandenburg. Denn wie auch die Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) berichtet haben, könnte die Europäische Union Lithium als Stoff einstufen, der eine Gefahr bei der Verarbeitung und Lagerung darstellt. Hintergrund ist, dass die "Europäische Chemikalienagentur" (ECHA) vorgeschlagen hat, verschiedene Lithiumverbindungen als gesundheitsgefährdende Stoffe einzustufen. Einem lithiumverarbeitenden Betrieb im niedersächsischen Langelsheim (Harz) drohe bereits das Aus. Ein zuständiger EU-Ausschuss werde bis Ende des laufenden oder Anfang des kommenden Jahres über die Vorschriften zur Lithium-Produktion und -verarbeitung entscheiden. Nicht eben günstige Aussichten für die hochfliegenden Lithium-Förderpläne von Elon Musk – und die E-Auto-Branche insgesamt.
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