Eine Reihe von Wirtschafts-, Politik- oder Gewerkschaftsvertretern oder anderen Experten hatte bereits gewarnt – vor "ungeahnten Folgen", vor "irreparable Schäden", vor einem massiven Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, vor einer Rezession, der Stilllegung des Kerns der deutschen Industrieund, neben schwerwiegenden Folgen für die deutsche Wirtschaft, vor gesellschaftlichen Folgen samt sozialen Unruhen.
Am Freitag warnte auch Mercedes-Chef Ola Källenius vor weitreichenden Konsequenzen. "Sollte es zu einem Gaslieferstopp kommen, würde das weite Teile der Wirtschaft betreffen", so der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz bei der Online-Hauptversammlung. Das Unternehmen benötige Gas für die Fertigung und das Heizen von Werkshallen.
Die Bundesnetzagentur habe bisher nicht mitgeteilt, in welcher Weise der Autobauer von einer Rationierung betroffen wäre, sagte Källenius. Die Stuttgarter stehen demnach in Kontakt mit den Behörden und bereiten mögliche Schritte vor, um den eigenen Gasverbrauch zu mindern. Ein Ölembargo würde sich hingegen nicht unmittelbar auf die Fertigung auswirken, könnte aber Zulieferer und Logistikunternehmen treffen, erklärte Källenius.
Bisher ist nicht klar, welche Unternehmen im Notfall auf wie viel Gas verzichten müssten. Falls Gas knapp werden sollte, würde die Bundesnetzagentur es verteilen. Vorgesehen ist, dass private Haushalte, öffentliche Einrichtungen und systemrelevante Betriebe zuerst versorgt würden – wogegen einige Firmenvertreter bereits protestieren.
Für das Stuttgarter Unternehmen macht sich der Ukraine-Krieg bereits durch Engpässe bei bestimmten Bauteilen bemerkbar. Mercedes-Benz arbeitet laut Källenius mit Zulieferern aus der Ukraine zusammen, die unter anderem Kabelbäume liefern. In Russland wurden Produktion und Vertrieb unterbrochen, es werden aber noch Kunden mit bestehenden Leasing- und Finanzierungsverträgen betreut. Mercedes bezog noch im vergangenen Jahr Rohstoffe wie das Edelmetall Palladium aus Russland. Der Anteil Russlands und der Ukraine am Mercedes-Geschäft lag bisher zusammen bei rund zwei Prozent. "Wir halten die Sanktionen ein", sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm mit Blick auf westliche Sanktionen.
Mercedes-Benz ist zudem wie andere Hersteller von Versorgungsengpässen bei Halbleitern betroffen. "Die Lage sollte sich dieses Jahr verbessern", so Källenius. "Die Produktion in unseren Werken läuft."
Mercedes-Benz hatte von Januar bis Ende März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich weniger Autos verkauft. Der Rückgang beim Absatz ist ausschließlich dem Mangel an Halbleitern zuzuschreiben, wie der Konzern mitgeteilt hatte.
Auch dank großzügiger Staatshilfen konnten am Freitag üppige Dividenden mit einer Gesamtsumme von über fünf Milliarden Euro verkündet werden, Aktionäre können sich über einen immensen Sprung auf fünf Euro je Aktie nach zuvor 1,35 Euro freuen. Neben dem Steuerzahlergeld ist unter anderem ein Anteil von 70 Cent aus dem Nutzfahrzeuggeschäft enthalten, da Daimler Truck für das vergangene Jahr keine separate Dividende auszahlen wird. Der seit kurzer Zeit selbständige Hersteller von Lastwagen und Bussen ist ebenfalls börsennotiert. Der Daimler-Konzern war im vergangenen Jahr aufgespalten worden – bei Mercedes-Benz ist nun das Auto- und Transportergeschäft gebündelt. Daimler Truck führt das frühere Daimler-Lkw-Geschäft. Außerdem zogen Polly Courtice und Marco Gobbetti neu in den Aufsichtsrat ein. Die Bürgerbewegung Finanzwende bemängelte die Aufstockung der Dividende, denn während der COVID-19-Pandemie profitierte auch Mercedes von staatlicher Stütze durch Kurzarbeitergeld.
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