In einem Interview mit dem französischen Radiosender Sud Radio warnte der französische Wirtschaftsexperte Jacques Sapir davor, die Industrie und Wirtschaft von Russland zu unterschätzen. Die Rolle Russlands in der Weltwirtschaft sei deutlich größer, als es bisher viele glaubten.
Laut dem Ökonomen sei der Westen nicht nur abhängig von russischen Energielieferungen, sondern auch von Rohstoffen und Gütern, die zum Beispiel aus Öl hergestellt würden. Man spreche im Westen immer von Gas und Öl, aber es gehe zum Beispiel auch um die chemischen Produkte, um Dünger herzustellen, es gehe um Metalle und Weizen. Zwar könne der Westen das Öl sicher woanders kaufen, doch das werde sehr teuer, so Sapir.
Die Stärke der russischen Wirtschaft werde dem Ökonomen zufolge auch deshalb unterschätzt, weil man für die Analysen stets den Rubel erst in US-Dollar umrechnet. Bei diesem Vorgehen habe Russland ungefähr die Wirtschaftskraft Spaniens. Operiere man jedoch mit der sogenannten "Kaufkraftparität", zeige sich sofort ein ganz anderes Bild. Dann sei die russische Wirtschaft ungefähr so groß wie die deutsche.
Russland weltgrößter Exporteur von Öl
Auch solle man bei der Analyse der russischen Wirtshaft darauf achten, wie groß der Anteil der Rohstoffe und der Industrie am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Russland sei. Konzentriere man sich auf diese beiden Sektoren, sei die russische Wirtschaft sogar noch größer als die deutsche, so Sapir weiter.
Auch wies der Wirtschaftsexperte darauf hin, dass Russland zwar "nur" der drittgrößte Ölproduzent weltweit sei, aber gleichzeitig der weltgrößte Exporteur. Russland spiele durch seine Rohstoffe und die daraus hergestellten Güter eine zentrale Rolle in der Weltwirtschaft. Man könne Russland deswegen wirtschaftlich nicht so einfach isolieren.
Was den US-Dollar betrifft, glaubt Sapir nicht daran, dass die Hegemonie der US-Währung komplett verschwinden werde. Aber der US-Dollar werde vermutlich weiter an Bedeutung verlieren, so der Ökonom. Interessant sei in diesem Zusammenhang, dass der Wechselkurs zwischen Rubel und US-Dollar mittlerweile fast wieder auf dem Niveau wie vor dem Ukraine-Krieg liege.
Außerdem habe sich seit 2014 ein "Markt Rubel-Yuan" entwickelt. Das Volumen dieses Marktes habe sich allein seit März dieses Jahres versechsfacht. Natürlich bleibe das Volumen trotzdem noch relativ gering im Vergleich zum US-Dollar-Markt, doch mittlerweile könne man die Märkte durchaus vergleichen. Russland werde die Rolle des US-Dollar und des Euro weiter reduzieren, so Sapir.
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