Nach Angaben der Zeitung South China Morning Post sehen kleinere und mittlere Unternehmen aus China im Zusammenhang mit dem Exodus westlicher Firmen aus Russland die Chance, einen neuen großen Markt zu erschließen. Zahlreiche chinesische Geschäftsleute betrachten jetzt das Nachbarland als ein Land der Möglichkeiten – trotz der gegen Russland verhängten Sanktionen und trotz der Warnungen der USA und ihrer Verbündeten, keine Geschäfte mit Moskau zu machen.
Nach Angaben der Zeitung haben einige chinesische Firmen, die auf dem russischen Markt bereits präsent sind, begonnen, ihr Geschäft und ihr Angebot in Russland auszubauen. Einige analysieren gerade die Möglichkeiten, im Nachbarland Handel zu treiben. Die chinesische Botschaft in Russland regt inzwischen einheimische Firmen dazu an, die sich infolge der Krise eröffnenden Geschäftsmöglichkeit zu nutzen und "die Leere auf dem russischen Markt zu füllen".
In diesem Zusammenhang zitiert das Blatt Liu Yunpeng, einen Importeur von Lebensmitteln mit Sitz in Russland. Nicht zuletzt wegen der Abwertung des Rubels sieht er in der derzeitigen Situation eine Chance für sein Geschäft. Der Rückzug vieler westlicher Marken habe ein großes Potenzial für chinesische Hersteller hinterlassen. Da jetzt mehrere russische Banken vom internationalen Bankenkommunikationsnetzwerk SWIFT ausgeschlossen seien, möchten russische Unternehmen ihre Transaktionen vermehrt in Yuan abwickeln, während sie zuvor die Zahlung in Dollar oder Euro bevorzugt hätten.
"Wir raten unseren Kunden seit langem, wegen der Kursschwankungen lieber in Yuan zu zahlen. Aber dazu kam es nie, weil sich unsere Kunden bisher nicht die Schwierigkeiten machen wollten, die mit der Eröffnung neuer Bankkonten verbunden sind."
Nachdem jedoch die jeweiligen russischen Banken mit Sanktionen belegt worden seien, hätten die russischen Partner sofort andere Geldhäuser gefunden, um die Transaktionen in Yuan abzuwickeln. Innerhalb einer Woche seien die Geschäfte zur Normalität zurückgekehrt, so Liu.
Der Analyst des Investment-Unternehmens Loomis, Sayles & Company L.P., Bo Zhuang, glaubt seinerseits, dass der bilaterale Handel zwischen China und Russland in den kommenden Jahren an Volumen und Tempo zunehmen werde. Vom Rückzug westlicher Firmen würden insbesondere Lebensmittelproduzenten und Zulieferer von Ersatzteilen für Autos sowie Pharmaunternehmen profitieren.
Seit zwölf Jahren in Folge bleibt China der größte Handelspartner Russlands. Im vergangenen Jahr hat der bilaterale Handelsumsatz die Marke von 147 Milliarden US-Dollar geknackt. Nach Angaben aus Peking waren das 35,9 Prozent mehr als im Jahr 2020. Obwohl die USA China unter Druck setzen, damit die Regierung in Peking eine klare Kante gegen Moskau zeigt, will der asiatische Riese seine Geschäfte mit dem Nachbarland weiterhin zum gegenseitigen Vorteil pflegen. Nach Angaben der South China Morning Post scheinen diese Möglichkeiten jedoch bislang nur auf Privatfirmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen in China beschränkt zu sein, da die staatlichen Großunternehmen nicht das Risiko eingehen wollen, die westlichen Sanktionen offen zu verletzen.
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