Egal, ob Stadt oder Land: Wohneigentum in Deutschland wird tendenziell immer teurer. Elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor hatten Käufer 2021 im Schnitt für Wohnungen und Häuser auf den Tisch legen müssen, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Im vierten Quartal legten die Preise für Wohnimmobilien mit 12,2 Prozent so kräftig wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr zu.
Die Nachfrage ist groß, das Angebot knapp. Gepaart mit niedrigen Bauzinsen treibt dies seit Langem die Preise auf dem Immobilienmarkt in die Höhe. Dieser Trend beschleunigte sich im vergangenen Jahr. Von 2019 auf 2020 waren Wohnungen und Häuser im Schnitt noch um 7,8 Prozent teurer geworden.
Dass Wohneigentum in Städten wie Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart oder Düsseldorf kaum noch bezahlbar ist, sprach sich inzwischen herum. Nun kurbelte die Entwicklung zu mehr Homeoffice während der Pandemie auch die Nachfrage nach Wohnraum auf dem Land zusätzlich an.
Eva Grunwald, Leiterin des Postbank-Immobiliengeschäftes, analysierte jüngst:
"Die neuen Rekorde auf dem Immobilienmarkt werden von der Angst vor einer Zinserhöhung sowie steigender Inflation begünstigt. Viele Deutsche flüchten sich in Betongold und schließen dabei zunehmend die Städte in zweiter Reihe mit ein, nachdem Metropolen wie München bereits als überbewertet gelten."
Sie fügte hinzu:
"Die Corona-Pandemie hat den Wunsch nach dem eigenen Zuhause nur noch bestärkt und den Radius erweitert."
Entsprechend stiegen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser in dünn besiedelten ländlichen Kreisen im Schlussquartal 2021 besonders kräftig, wie das Bundesamt mitteilte: plus 15,9 Prozent zum Vorjahresquartal. Eigentumswohnungen verteuerten sich in diesen Regionen um 13,2 Prozent. In dichter besiedelten ländlichen Kreisen zogen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 14,5 Prozent an, Eigentumswohnungen wurden um 11,2 Prozent teurer.
"Zwischen 15 Prozent und 40 Prozent über dem Preis"
Deutschlands teuerstes Pflaster bleibt nach Berechnungen der Postbank München. Nirgendwo anders mussten Käuferinnen und Käufer im vergangenen Jahr für einen Quadratmeter Wohnraum so viel bezahlen wie in der bayerischen Landeshauptstadt: im Schnitt 9.732 Euro für eine Bestandswohnung. In Frankfurt waren demnach 6.586 Euro je Quadratmeter fällig, in Hamburg 6.489 Euro und in Berlin 5.528 Euro. Der bundesweit teuerste Landkreis mit Quadratmeterpreisen von 7.977 Euro war 2021 nach Postbank-Zahlen der Landkreis Nordfriesland, zu dem die Nordseeinseln Sylt, Föhr und Amrum sowie Ferienorte an der Küste wie St. Peter-Ording gehören. In der Liste der zehn teuersten Landkreise stehen ansonsten ausschließlich Kreise aus dem Speckgürtel Münchens und aus den Feriengebieten des Alpenvorlandes.
Die Bundesbank warnt seit Jahren vor Überbewertungen auf dem Immobilienmarkt. Die Preissteigerungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern alarmierten zuletzt auch den EU-Risikorat ESRB. "Die Überbewertungen bei Wohnimmobilien nahmen zu", stellte die Bundesbank in ihrem Monatsbericht Februar fest. "Gemäß aktuellen Schätzergebnissen lagen die Immobilienpreise in den Städten im Jahr 2021 zwischen 15 Prozent und 40 Prozent über dem Preis, der durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist." 2020 hatte die Spanne noch 15 bis 30 Prozent betragen.
Immer häufiger komme es "zu spekulativen Übertreibungen, insbesondere bei Eigentumswohnungen und Baugrundstücken in Metropolen wie Berlin, Hamburg und München", folgerte im Dezember das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung anhand einer Analyse von Daten aus 114 Großstädten.
"Dort, aber auch in anderen großen Städten sind in den nächsten Jahren Preiskorrekturen in größerem Ausmaß möglich."
Die Bundesregierung will zudem für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen. Bauministerin Klara Geywitz bekräftigte in der vergangenen Woche im Bundestag:
"Wir haben uns vorgenommen, die Weichen so zu stellen, dass 400.000 Wohnungen im Jahr gebaut werden können und davon 100.000 bezahlbare, öffentlich geförderte Sozialwohnungen."
Doch es gibt Zweifel, ob diese Pläne umsetzbar sind: Viele Handwerker und Baufirmen sind wegen großer Nachfrage nach Immobilien ausgelastet. Dazu kommt: Baumaterialien wie Holz, Stahl und Dämmstoffe haben sich in den vergangenen Monaten teils extrem verteuert, weil die Nachfrage auf den Weltmärkten im Zuge der Konjunkturerholung nach dem Corona-Krisenjahr 2020 anzog und Lieferkapazitäten begrenzt sind. Das treibt die Bau- und Kaufpreise zusätzlich in die Höhe.
Experten machen Bauherren und Immobilienkäufern kurzfristig wenig Hoffnung auf Entspannung. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) rechnet damit, dass die Baupreise in Deutschland auch in diesem Jahr zulegen werden. 2021 waren sie um sechs Prozent gestiegen. "Das ist der stärkste Anstieg in über 20 Jahren gewesen", sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Für 2022 rechnet der Verband mit vier Prozent Zuwachs. "Das heißt, es beruhigt sich etwas, die Preise steigen aber immer noch." Ein Niveau wie vor der Pandemie sei nicht absehbar – "und das liegt vor allem an den stark gestiegenen Materialpreisen", sagte Pakleppa im Februar.
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(rt de/dpa)