Bericht: Krisenprofiteur und Steuervermeider Amazon kassiert Milliarden Subventionen

Während der weltgrößte Online-Händler Amazon dafür in der Kritik steht, sich trotz gigantischer Umsätze vor Steuerzahlungen zu drücken, zeigt ein aktueller Bericht, wie Staaten weltweit dem US-Konzern Milliardengeschenke machen.

Seit Langem steht der milliardenschwere US-Konzern Amazon in der Kritik, nicht nur, weil im Unternehmen weltweit Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten werden, sondern weil er trotz Rekordumsatz Steuern umgeht. Amazon, "der 1,4 Billionen Dollar schwere Tech-Moloch und notorische Steuerhinterzieher" reiße sich aggressiv um das Geld der Steuerzahler, nicht nur um das der Konsumenten, wie es in Bericht von UNI Global Union, einem globalen Gewerkschaftsverband, und Good Jobs First heißt.

Demnach hat der US-Konzern in den letzten 10 Jahren weltweit mindestens 4,7 Milliarden Dollar an Steuererleichterungen für Lagerhäuser, Rechenzentren, Büros, Callcenter und Filmproduktionsprojekte erhalten. Den Großteil der in dem Bericht erfassten Steuervergünstigungen von rund 4,1 Milliarden Dollar erhielt der Konzern in den Vereinigten Staaten.

Zu den mindestens 600 Millionen US-Dollar an Steuererleichterungen, welchen dem Online-Riesen in anderen Ländern gewährt wurden, gehören auch 15,6 Millionen Dollar (13.347.153 Euro) für das Amazon-Lager in Leipzig. Laut dem Bericht ist es denkbar, dass zusätzliche Lagerhäuser vor der Einführung der ab Juni 2016 in der EU geltenden Transparenzregeln Subventionen erhalten haben. Dies sei in allen reicheren Staaten der EU der Fall.

Auch in Schottland, Frankreich, Spanien, Kanada und Brasilien konnte der US-Konzern auf Steuererleichterungen in Millionenhöhe für Lager, Call-Center, Rechenzentren setzen. Laut den Autoren des Berichts mit dem Titel "Amazon.com's Hidden Worldwide Subsidies" ist dies lediglich die Spitze des Eisbergs. Darüber hinaus gebe es 407 Amazon-Einrichtungen in 13 Ländern, "in denen es Beweise gibt oder Grund zu der Annahme besteht, dass Amazon öffentliche Gelder für seine Projekte erhalten hat", wobei jedoch aufgrund schwacher Transparenzgesetze keine vollständigen Daten verfügbar sind.

Undurchsichtig sei dies insbesondere bei den Rechenzentren, bei denen die größten Subventionen "Stromrabatte und Steuerbefreiungen für Versorgungsunternehmen sind, die in der Regel zu dauerhaften Ansprüchen werden, sobald sie einmal gewährt wurden".

Der Konzern setze wie auch andere Tech-Giganten auf Machenschaften zur Geheimhaltung, um seine Subventionen zu verschleiern. Beispielsweise erhielt Amazon eine Vertraulichkeitsvereinbarung in Spanien, als das Unternehmen über Subventionen für ein Lagerhaus dort verhandelte. Die Forscher gehen davon aus, dass Amazon auch innerhalb der Europäischen Union höchstwahrscheinlich unter dem Namen einer seiner über 2.400 Tochtergesellschaften verhandelt.

"Amazons Geschäftsmodell der schnellen Lieferung bedeutet, dass das Unternehmen Lagerhäuser in Gemeinden überall in der Nähe von Hauptverkehrswegen, Flughäfen und anderen Geschäftsgrundlagen errichten muss. Es gibt keinen Grund für nationale, regionale, staatliche oder lokale Regierungen, Amazons Kosten für Operationen auszugleichen, die für seine Strategie von zentraler Bedeutung sind", sagte Kenneth Thomas, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Good Jobs First und Experte für europäische und kanadische Anreizsysteme im Vergleich zu denen der Vereinigten Staaten. "Sie sollten aufhören, Amazon zu subventionieren, und das Geld stattdessen für Investitionen in kleine Unternehmen und öffentliche Dienstleistungen verwenden."

"Amazon ist eines der reichsten und am schnellsten wachsenden Unternehmen der Welt. Es hat im Jahr 2020 in Europa 44 Milliarden Dollar Umsatz gemacht, aber keine Unternehmenssteuern gezahlt – und das alles, während es Arbeitnehmer ausspioniert und die Arbeitsbedingungen verschlechtert", sagte Christy Hoffman, Generalsekretärin von UNI Global Union.

"Das Unternehmen sollte keinen Cent von den Steuerzahlern erhalten."

Erst vor rund einer Woche zeigte sich, dass der US-Konzern die Gewinnerwartungen bei Weitem übertraf: Der Überschuss im Schlussquartal betrug 14,3 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) und fiel damit fast doppelt so hoch aus wie vor einem Jahr. Im gesamten abgelaufenen Geschäftsjahr steigerte Amazon den Umsatz um knapp 22 Prozent auf 469,8 Milliarden Dollar.

Das Betriebsergebnis nahm um knapp neun Prozent auf 24,9 Milliarden Dollar zu. Laut Paul Monaghan, Geschäftsführer der Fair Tax Foundation, zeigten Steuerangaben von Amazon im vergangenen Jahr, dass der US-Konzern mehr Einnahmen in Deutschland habe als in jedem anderen Land außerhalb der USA. Im ersten Corona-Jahr sind Amazons Umsätze in Deutschland um rund 33 Prozent auf etwa 24,7 Milliarden Euro angestiegen.



"Mit der Gewährung von Amazon-Subventionen leisten Regierungen einem multinationalen Unternehmen Beihilfe, das Arbeitnehmer unterbezahlt, Löhne drückt, zum Niedergang kleiner Unternehmen beiträgt und wettbewerbsfeindliche Verhaltensweisen an den Tag legt," betonte Hoffman.  


Amazon hingegen reagierte prompt, bezeichnete den Bericht als "absichtlich irreführend" und verwies auf Arbeitsplätze und Investitionen, die das Unternehmen schließlich biete. "Im letzten Jahr haben wir weltweit mehr als 300.000 Arbeitsplätze geschaffen, und in den letzten zehn Jahren haben wir allein in den USA über 1 Billion Dollar zur Wirtschaft beigetragen", erklärte ein Amazon-Sprecher.

Einer der Haken ist jedoch, dass auf diese Weise kleinere Unternehmen verdrängt werden und ausgerechnet in strukturschwächeren Gegenden Steuergelder auch aus Kommunen an derart profitable Konzerne wie Amazon gehen. Beispielsweise habe Amazon sieben Lagerhäuser in Polen, wo jede Region arm genug ist, um Regionalbeihilfen nach den EU-Beihilfevorschriften anzubieten. Mindestens zwei der Amazon-Lagerhäuser liegen laut dem Bericht in polnischen
Sonderwirtschaftszonen (SWZ), womit ein breites Spektrum an staatlichen Beihilfen für Unternehmen, die sich dort ansiedeln, einhergeht.

"Das Problem [mit diesen Steuererleichterungen] ist, dass sie keine sehr effiziente Verwendung der öffentlichen Gelder darstellen", erklärt einer der Autoren des Berichts, Kenneth Thomas. "Amazon könnte diese Projekte leicht selbst bezahlen, denn das Unternehmen verfügt über Milliarden und Abermilliarden von Dollar, aber stattdessen nutzt es seinen Einfluss, um die Regierung dazu zu bringen, einen Teil des Projekts zu bezahlen, obwohl dieses Geld in Bildung, Gesundheitswesen oder Infrastruktur investiert werden könnte."

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Länder und ihre subnationalen Regierungen die Namen der Unternehmen, die Subventionen erhalten haben, offenlegen sollten. Die Autoren empfehlen, dass Regierungen Amazon nicht mehr subventionieren.

Good Jobs First fokussiert sich auf Steuererleichterungen, die private Unternehmen aus der öffentlichen Hand erhalten und hat bereits früher aufgezeigt, dass die Steuerzahler jeden Aspekt der gigantischen Geschäftstätigkeit des Unternehmens subventionieren. UNI Global Union vertritt mehr als 20 Millionen Arbeitnehmer in 150 Ländern und setzt sich für Arbeitnehmerrechte ein.

Während sich in der oberen Etage des US-Konzerns die Erträge bekanntermaßen derart sammeln konnten, dass so Amateur-Astronauten-Trips ins Weltall finanziert werden, bereitet dem Unternehmen Sorge, dass die Beschäftigten in Bessemer im Bundesstaat Alabama erneut darüber abstimmen, ob erstmals eine US-Gewerkschaft Einzug bei Amazon hält.

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