Wirecard-Untersuchungsausschuss: Ex-Manager Braun wird befragt

Der Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard beschäftigt auch die Politik. Markus Braun, der Ex-Vorstandsvorsitzende des Dax-Börsenstars, wird heute im Untersuchungsausschuss des Bundestages befragt. Ein Gericht zwingt ihn, persönlich in Berlin zu erscheinen.

Die Abgeordneten wollen den früheren Chef des Skandalunternehmens Wirecard vor allem zu seinen Kontakten in Politik und Behörden befragen. Dass er sich zu möglichen kriminellen Machenschaften und den konkreten Betrugsvorwürfen der Staatsanwaltschaft äußert, wird als eher unwahrscheinlich eingeschätzt. Zeugen müssen sich nicht selbst belasten.

Markus Braun gilt als einer der Hauptverantwortlichen in dem Betrugsskandal, bei dem Wirecard über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben soll. Der Ausschuss will aufdecken, ob das deutsche Fintech-Unternehmen als aufstrebender Börsenstar von den Aufsichtsbehörden trotz Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten mit Samthandschuhen angefasst wurde. Dabei geht es auch um Versäumnisse der Politik, weshalb die Kontakte Brauns relevant sein könnten.

Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei Wirecard seit 2015 Scheingewinne ausgewiesen wurden

Ein Untersuchungsausschuss hat mehr Rechte als gewöhnliche Bundestagsausschüsse. Er kann Zeugen und Sachverständige vernehmen und Akteneinsicht verlangen.

Der inzwischen insolvente Dax-Konzern hatte im Sommer Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Das einst als deutsche Technologiehoffnung gehandelte Unternehmen saß als Dienstleister für bargeldlose Zahlungen an Ladenkassen und im Internet an der Schnittstelle zwischen Händlern und Kreditkartenfirmen – in einem hart umkämpften Markt.

Nach bisherigem Stand der Ermittlungen machte Wirecard jahrelang Verluste. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass seit 2015 Scheingewinne ausgewiesen wurden. Allein Banken und Investoren verloren nach ihren Berechnungen mehr als drei Milliarden Euro.

Doch sie sind nicht die einzigen Geschädigten, auch viele Aktionäre verloren Geld, weil die Wirecard-Aktie nach Bekanntwerden des Skandals rapide abstürzte. Am Mittwoch wurde bekannt, dass nach der Pleite gut 11.500 Gläubiger Forderungen in Höhe von 12,4 Milliarden Euro angemeldet haben. Diese Summe übersteigt die bisher erzielten Erlöse bei der Abwicklung des Konzerns um ein Vielfaches. Es gilt als ausgeschlossen, dass der Insolvenzverwalter die verlorenen Milliarden komplett zurückholt.

Eine der zentralen Fragen bei der politischen Aufarbeitung: Wann wusste die Bundesregierung von den Unregelmäßigkeiten? 

Neben Wirecard selbst stehen in dem Fall die Finanzaufsicht Bafin und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Kritik. Zentrale Fragen bei der politischen Aufarbeitung soll sein, wann die Bundesregierung von den Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig dagegen unternommen hat.

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich im vergangenen Jahr bei einer China-Reise für Wirecard eingesetzt hat, und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sollen im Untersuchungsausschuss als Zeugen befragt werden. Scholz hat als Reaktion auf den Skandal einen Aktionsplan für eine Reform der Finanzaufsicht vorgelegt. Die Opposition wirft ihm allerdings vor, damit vom eigenen Versagen als oberster Chef der Finanzaufsicht ablenken zu wollen.

Der Ex-Manager Braun sitzt seit dem Sommer in Untersuchungshaft in Bayern. Er wollte ursprünglich nicht persönlich vor dem Ausschuss in Berlin erscheinen, sondern per Video aussagen. Der Bundesgerichtshof gab diesen Anträgen jedoch nicht statt, so dass Braun am Mittwoch bereits nach Berlin gebracht wurde. Er übernachtet in einem Gefängnis.

Ich würde Herrn Braun auch im Pyjama vorführen lassen, wenn dies nötig wäre", sagte jüngst der Linken-Politiker Fabio De Masi.

Er schulde der Öffentlichkeit Antworten, sagte Florian Toncar von der FDP. Er ergänzte:

Außerdem geht es ja um die Frage, ob Wirecard politisch geschützt wurde.

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Braun ist nicht der einzige Zeuge, der am Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen soll: Auch ein Mitglied des Wirecard-Aufsichtsrats, der frühere Leiter des Rechnungswesens sowie ein für die Wirecard-Tochter in Dubai verantwortlicher Manager werden befragt. Die beiden Manager sollen per Video zugeschaltet werden – wohl auch, damit sie Braun nicht begegnen.

Nach dem ehemaligen Vorstandsmitglied Jan Marsalek fahndet die Polizei weiterhin. Er ist seit Juni untergetaucht. Die Ermittler werfen Marsalek, Braun und anderen Verdächtigen organisierten Bandenbetrug vor, bei dem die Wirecard-Chefetage über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben soll, um das Unternehmen über Wasser zu halten und Kredite zu erschwindeln. Auf diese Weise sollen Banken und Investoren um bis zu 3,2 Milliarden Euro geprellt worden sein.

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(rt/dpa)