Die Aussichten für das US-Schieferöl verdunkeln sich weiter, da der WTI-Ölpreis am Montag sogar unter 20 US-Dollar fiel. Der Angebotsüberschuss könnte sich mit einem weiteren Rückgang der Nachfrage zunehmend verschärfen.
Am Sonntag verlängerte US-Präsident Trump die Richtlinien zur sozialen Distanzierung bis Ende April. Außerdem nahm er von seinem Plan Abstand, die Wirtschaft bis Ostern "zu öffnen". Noch bevor die Tinte auf dem Dokument trocken war, begann der US-Kongress bereits mit der Vorbereitung der vierten Notstandsgesetzgebung für die Coronavirus-Pandemie. Derzeit leben laut der Investmentbank Raymond James 193 Millionen Menschen in den USA und weltweit 2,3 Milliarden Menschen unter einer Art von Ausgangssperre.
Anfang März deuteten einige Wirtschaftsexperten an, dass die Ölnachfrage im Jahr 2020 leicht zurückgehen könnte und nur um 220.000 Barrel pro Tag sinken würde. Diese Behauptung wurde zu dem Zeitpunkt als Provokation wahrgenommen.
Mitte des Monats sagten einige Analysten, dass der Nachfrageeinbruch im zweiten Quartal bis zu zehn Millionen Barrel pro Tag betragen könnte. Einige Tage später sprach eine andere Exprtengruppe bereits von über 13 bis 14 Millionen Barrel pro Tag. Vergangene Woche warnte die Internationale Energieagentur (IEA), dass die weltweite Nachfrage um 20 Millionen Barrel pro Tag sinken könnte.
Der negative Trend könnte sich durchaus fortsetzen. Die Ölpreise fielen am gestrigen Montag weiterhin drastisch. JBC Energy erklärte:
Für uns spiegelt dies einfach das zunehmende Bewusstsein wider, dass die Ölnachfrage wegbricht, wahrscheinlich um viel mehr als die 20 Prozent, die wir derzeit für April und Mai in unseren Geschäftsplänen haben.
Der Markt bricht schnell auseinander. In einigen Gegenden sind die Preise katastrophal niedrig. Auch in Gebieten, die weit von einer entsprechenden Infrastruktur entfernt sind, fallen die Preise. Die Commerzbank schrieb am Montag in einer Mitteilung:
Die Schätzungen für die Nachfrageseite werden fast täglich nach unten revidiert, während auf der Angebotsseite noch immer keine Anzeichen für eine Versöhnung zwischen Saudi-Arabien und Russland zu erkennen sind.
Analysten beobachten nun die weltweiten Lagerkapazitäten, die in wenigen Wochen oder spätestens ein paar Monaten ausgeschöpft sein könnten. Der Preisaufschlag für Brent zwischen Mai und November erhöhte sich auf den Rekordwert von 13,45 US-Dollar pro Barrel, was die massive kurzfristige Überfüllung des Marktes widerspiegelt. Bjornar Tonhaugen, Leiter der Abteilung Ölmärkte bei Rystad Energy, teilte in einer Erklärung mit:
Die Lieferketten auf dem Ölmarkt sind aufgrund der unglaublich großen Verluste bei der Ölnachfrage unterbrochen, was Anpassungen für April und Mai dringend erforderlich macht. Die Lagerung von Produkten an Land steigt, die Raffinerie-Rate wird weltweit gesenkt, die Anzahl offenener Termingeschäfte und die vorgelagerten Lieferunterbrechungen nehmen massiv zu.
Laut Bloomberg hat das Unternehmen Plains All American Pipeline Berichten zufolge einen Brief an die US-amerikanischen Ölproduzenten geschickt und sie gebeten, die Produktion zu drosseln. Andere Pipeline-Unternehmen in den USA stellen offenbar ähnliche Forderungen.
Goldman Sachs sieht die US-Ölproduktion bis zum zweiten Quartal 2020 um 1,4 Millionen Barrel pro Tag sinken. Die Bank sagte jedoch, dass ein Rückgang aufgrund der geringeren Bohrraten heute nicht unbedingt zu einer geringeren Produktion bis zum dritten Quartal dieses Jahres führen würde.
Da jedoch der Überschuss so gigantisch ist und die Lagerkapazitäten weiter abnehmen, bedeutet das, dass die Preise letztendlich noch weiter sinken müssen. Goldman-Analysten schrieben in einer Notiz vom Montag:
Aus diesem Grund sind wir der Ansicht, dass sich die Ölpreise in Richtung Kostendeckung bewegen, was zu einer Einstellung der Produktion führen wird.
Die Zahl der US-Bohranlagen ging in der vergangenen Woche um 44 (40 Öl- und 4 Gasbohrplattformen) zurück. Dies ist der stärkste Rückgang seit vier Jahren.
Am Dienstag erholte sich der Rohölpreis kurzzeitig von seinem tiefsten Stand seit 18 Jahren, nachdem der russische Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Donald Trump Gespräche zur Stabilisierung der Energiemärkte vereinbarten. Die Entwicklung ist jedoch nur eine spontane Reaktion der Märkte auf die Information über das Gespräch zwischen den beiden Präsidenten und bedeutet auf keinen Fall einen fortlaufenden Anstieg der Ölpreise.
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