Schuld und Sühne: Englischer Rechtsextremist zum Lesen schöngeistiger Literatur verurteilt

Ein britischer Richter hat bewiesen, dass das Strafrechtssystem in erster Linie der Umerziehung dient. Ein 21-jähriger englischer Rechtsextremist wurde statt zu einer Gefängnisstrafe zu zwei Jahren auf Bewährung und zum Lesen klassischer Literatur verurteilt.

Der 21-jährige ehemalige Student Ben John war wegen des Herunterladens von fast 70.000 Dokumenten mit rassistischen und rechtsextremistischen Inhalten und Anleitungen zur Bombenherstellung angeklagt worden. Dem jungen Mann aus der englischen Stadt Lincoln drohte eine Gefängnisstrafe.

Richter Timothy Spencer entschied sich aber für eine andere Bestrafung für John. Der Angeklagte wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt – unter einer ungewöhnlichen Bedingung: John muss klassische Literatur einschließlich Charles Dickens und Jane Austen lesen und alle vier Monate wieder vor Gericht erscheinen, um auf seine Lektüreleistungen getestet zu werden.

Der Richter betonte in seiner Rede, dass es sich bei Johns Verbrechen wahrscheinlich um einen "Akt jugendlicher Torheit" und einen Einzelfall handele. Dann fragte Spencer den jungen Mann, ob er Dickens und Austen gelesen habe.

"Am 4. Januar erzählst du mir, was du gelesen hast, und ich stelle dir Fragen diesbezüglich. Ich werde dich testen, und wenn ich denke, dass du mich betrügst, wirst du leiden."

John war im Januar 2020 festgenommen und später wegen Verdachts auf terroristische Tätigkeit angeklagt worden. Er wurde unter anderem des Besitzes von selbst gebauten Waffen und Sprengstoff beschuldigt. Außerdem hatte John im Jahr 2018 einen Brief mit Hetze gegen Migranten und Homosexuelle verfasst, was die Aufmerksamkeit der Strafbehörden auf ihn lenkte.

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