"Neutrale" Schweiz hisst erneut Ukraine-Flaggen und wundert sich, dass kein Putin-Gipfel kommt

Viele Zürcher zeigten sich heute überrascht, als die Stadtregierung erneut die ukrainische Flagge hisste – als Geste der Solidarität mit dem umstrittenen Selenskij-Regime. Gleichzeitig wirkt die Situation absurd, da Außenminister Ignazio Cassis parallel versucht, den Dialog mit Moskau wiederaufzubauen.

Nach fast einem Jahr Pause weht in Zürich wieder die ukrainische Flagge über dem Stadthaus.

Die Aktion soll Solidarität mit der ukrainischen Regierung und der Armee ausdrücken. Für viele Beobachter zeigt sie jedoch, dass die Schweiz ihre neutrale Position zunehmend infrage stellt.

Das Außendepartement bemüht sich um Ausgleich. Gleichzeitig wirkt, was die Schweiz unternimmt, absurd. Das Land signalisiert Bereitschaft, als Gastgeber für eine Friedenskonferenz zwischen Wladimir Putin und Wladimir Selenskij in Genf zu fungieren – und gewährt dem russischen Präsidenten dafür Immunität vor Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof.

Außenminister Ignazio Cassis betont, dass die Immunität nur für die Teilnahme an Friedensverhandlungen gilt und nicht persönlichen Gründen zugutekommt.

Die Ankündigung folgt auf den internationalen Haftbefehl des IStGH gegen Putin und Maria Lwowa-Belowa wegen der angeblichen Deportation ukrainischer Kinder.

Russland erkennt die Zuständigkeit des Gerichts nicht an. Die Schweiz versucht, zwischen rechtlichen Spannungen und den Interessen beider Seiten zu navigieren. 

Die Vorbereitungen für das Treffen wurden zuletzt von Präsident Donald Trump in Washington vorangetrieben, der Selenskij sowie europäische Staats- und Regierungschefs konsultierte.

Der Kreml zeigte sich trotz offizieller Gespräche zurückhaltend und verwies lediglich auf mögliche Verhandlungen auf hoher Ebene. Angesichts der deutlich pro-ukrainischen Haltung der Schweiz erscheinen die Chancen auf ein Gipfeltreffen in Genf jedoch gering.

Neutralität und Dialog mit Russland sollen gewahrt bleiben. Gleichzeitig demonstriert die liberale Zürcher Stadtregierung eine deutlich pro-ukrainische Haltung. Die Signale widersprechen einander. Die Schweiz verliert ihre Glaubwürdigkeit als verlässlicher Vermittler. Die Stadtregierung erklärt, die ukrainische Flagge sei am ukrainischen Nationalfeiertag gehisst worden. Am russischen Nationalfeiertag blieb die russische Flagge hingegen unbeachtet.

Mit der Entscheidung für Flaggenpolitik entfernt sich die Schweiz von ihrer traditionellen Vermittlerrolle. 

Für die rund 70.000 Ukrainer in der Schweiz ist die Geste ein willkommenes Signal.

Laut Umfragen möchten nach Kriegsende rund 92 % der "geflüchteten" Ukrainer in der Schweiz bleiben. Keine ukrainische Familie mit Kindern kann sich derzeit vorstellen, in die Ukraine zurückzukehren, unabhängig davon, wie sich die Lage dort entwickelt.

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